28.12.2024
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Aus dem WILD UND HUND-Testrevier

Verbrannt in Dornen

Jedes Jahr fiebert die Redaktion im Testrevier der großen revierübergreifenden Bewegungsjagd entgegen. Alles wurde genau geplant. Doch die Jagd hat immer noch ein paar Überraschungen parat. Heiko Hornung

Verbrannt in Dornen

Bild: Michael Stadtfeld

In der Nacht vor unserer Jagd schlafe ich immer unruhig. In Gedanken gehe ich alle Pläne und Abläufe durch. 
Obwohl wir schon einige Jahre Erfahrungen gesammelt haben,  ist doch die Zusammensetzung der Gäste meist etwas anders, und insgeheim frage ich mich, ob der Schütze auf dem ihm zugewiesenen Stand zurechtkommen wird, was nicht unerheblich für den Jagderfolg ist. Anfang November waren wir mit allen Vorbereitungen der Stände durch. Jeder Gast hatte einen Drückjagdbock, alle waren ausgeschnitten und kontrolliert. Seit September war im Waldteil des Revieres, der in der revierübergreifenden Jagd getrieben werden sollte, kein Schuss mehr gefallen. 

Kurz vor der Jagd hielten wir noch einmal kurz die Luft an, als eine an ASP gefallene Sau bei Spay im Rhein angespült und etwas später Kadaver bei Eltville im Main-Taunus-Kreis gefunden wurden. Aber die Sperrzone blieb für uns aus, und so sammelten sich am Dorfgemeinschaftshaus noch im Dun­keln am Jagdtag im Dezember rund 30 Schützen sowie 17  Treiber und Hundeführer. Letztere sollten in 2 Gruppen mit je 7 bis 8 Hunden den oberen und den etwas größeren unteren Teil der Jagd bewegen. Um 9 Uhr hatten 8 Ansteller aller Schützen postiert. 
 
Als ich die Talgruppe zum ersten Hang führte, der einstmals von Fichten bestockt war, fielen mir 2 Dinge auf: 
Der Wind, der bis zum Vortag noch aus Westen blies, war auf Nord-Nord-Ost umgeschwenkt. Die Temperaturen auf  1 °C gefallen. D. h., das Staatsrevier Weiseler Höhe lag eine Nacht lang im kalten Wind. „Das wird die Sauen zu uns bringen!“, dachte ich mir, denn das Gros ­unserer Bestände ist nach Westen und Süden ausgerichtet. Das Zweite war der veränderte Bewuchs. Das Mühlenwäldchen war als Fichtenbestand vom Käfer erst gefressen worden, dann zusammengebrochen und anschließend teilweise gerodet worden. Die Brombeere, die Besitz von der Fläche ergriffen hatte, überwucherte alles. War es im Vorjahr schon schwer, hier durchzudringen, schien es jetzt stellenweise unmöglich. Aber es war nur der Vorgeschmack auf das, was noch folgen sollte. Sowohl im oberen als auch im unteren Teil der Jagd war das Fortkommen für Hunde und Treiber mühsam. Zudem verausgabten sich die Hunde schnell an dem zahlreich vorhandenen Rehwild. 

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Treiber und Hunde mühten sich über 3 Stunden in z. T. mannshohen Brombeeren. (Bild: Michael Stadtfeld)

Die Brombeerranken bis zum Hals, klingelte nach einer guten Stunde das Handy, und die erste Hiobsbotschaft schlug bei mir ein. Bei Peter, der die Berggruppe führte, waren die Hunde an einen wunden Keiler geraten, der sich zusammen mit einigen Bachen, offenbar einer Rauschgesellschaft, unter einigen Stämmen, die dicht mit Dornen über­wuchert waren, eingeschoben hatte. Ein tapferer Wachtel aus dem Nachbarrevier hatte ihn offenbar verfolgt und war schwer geschlagen worden. Nur dem beherzten Eingreifen einiger Hundeführer aus Peters Wehr war es zu verdanken, dass er am Abend noch lebte. 

Während am Berg noch um das Leben des Vierläufers gekämpft wurde, stießen wir auf die ersten Sauen. In 3 Horsten hintereinander steckten Schwarzkittel. Diese saßen nicht nur fest, sondern gingen auch sofort aggressiv gegen die Hunde. Ein Hundeführer konnte sich und seinen Langhaar nur durch einen gezielten Schuss vor solch einem rauflustigen Gesellen retten. Rundum schwollen die Schusskadenzen an. Gegen 12 Uhr dann die 2. schlechte Nachricht von der Berggruppe: „Wir sind noch in der Brombeerburg an der oberen Heide. Überall stecken Sauen. Kannst du noch das Himmelreich und das Fichtenstück treiben?“ Das sind 2 wichtige Einstände. Ich blickte in die ausgepumpten Gesichter meiner Leute, trieb sie den Göttersberg hinauf und quälte sie bis Treibenende um 12.30 Uhr ins Fichtenstück hinein, wo wir selbstverständlich auch noch einmal auf Sauen stießen. Als sich die Wehren danach versammelten, waren Hunde und Treiber völlig fertig. 

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Chefredakteur Heiko Hornung überreicht dem von weither angereisten Gast Hans Hauser einen Bruch für ein erlegtes Kitz. (Bild: Falk Kern)
Am Streckenplatz nahm ich dann die Meldungen der Ansteller entgegen. Wie Peter und ich schon während des Treibens vermuteten, würde es einiges an Nachsuchen geben. Während zentral die Strecke versorgt wurde, brachen die Nachsuchengespanne auf. Ihre Arbeit ging auch am nächsten Tag weiter, da alle abgegebenen Schüsse bei uns kontrolliert werden. Bis auf eine Nachsuche konnten wir alle Schüsse klären. Erleichtert waren wir, dass ein Keilerchen mit einem schweren Gebrechschuss von einer couragierten Jungjägerin auf einem Fernwechsel erlegt wurde. Nur der wunde Keiler, der den Wachtel geschlagen hatte, konnte trotz des Einsatzes der besten Gespanne der Gegend nicht gefunden werden. Nach einer Not-OP war der geschlagene Wachtel am späten Nachmittag stabil, was die gesamte Jagdgesellschaft sichtlich erleichterte.

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Peter Schmitt (r.) und Tobias Geske bildeten das zentrale Aufbrechkommando. (Bild: Falk Kern)
Als das Echo des „Jagd vorbei“ im Hasenbachtal erklang, lagen auf Fichtenreisig 13 Sauen und 9 Stück Rehwild zur Strecke.

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Nicht nur das Halali, sondern auch die WuH-Fanfare brachten die Bläser der „Westerwälder Brackenjäger“ zum 130. Geburtstag der WuH dar. (Bild: Falk Kern)
 

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Am Ende lagen 13 Sauen und 9 Stück Rehwild zur Strecke. (Bild: Falk Kern)
 

Autor: Heiko Hornung