13.03.2025
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5 Min

Aus dem WuH-Testrevier

Ladies first?

Wenn der Niederwildheger zur Ranz im Winter 2 Füchse vor hat, wird er immer versuchen, mit dem 1. Schuss die Fähe zu bekommen – also den vorderen zuerst zu beschießen. Oder? Peter Schmitt

Ladies first?

Bild: Heiko Arjes

Ich bin zu spät. Als ich am Luderplatz Stellung beziehen will, ist Reineke ­bereits dort. Ich schaffe es nicht rechtzeitig, eine Position mit Kugelfang zu erreichen. Der Fuchs empfiehlt sich spitz von mir weg. Außerhalb meiner Reichweite verhofft er immer wieder und gibt ein heißeres, stakkatoartiges Bellen von sich – ein Rüde also. Dann entzieht er sich hinter einem großen Silo meinen Blicken. Ich hadere, ob ich versuchen soll, ihm über einen nahegelegenen Teerweg zu folgen, verwerfe den Gedanken aber. Als das Bellen jedoch anhält und sich nicht mehr zu entfernen scheint, lasse ich es darauf ankommen.
 
Kaum habe ich das Silo umschlagen, sehe ich den Fuchs ab und an wiffend unter einem Apfelbaum, zwischendurch offensichtlich Früchte fressend, als ein 2. Rotrock aus einem Stichweg auftaucht. Ein kurzes Ringelreihen, dann macht sich ein Freibeuter davon. Der 2. folgt. Ich nehme die Beine in die Hand, verkürze die Schussdistanz und bette meine Waffe auf dem Schießstock. Mit der Absicht zumindest die Fähe zu erwischen, entscheide ich mich für den vorderen Fuchs, der im Schuss zusammenbricht. Verdattert sichert Nr. 2 zum verendeten Artgenossen. Auch ihn ereilt die Kugel. Etwas überrascht bin ich, als ich die Beute in Besitz nehme. Denn nicht der Rüde war der Fähe gefolgt, sondern umgekehrt.
 
Dieselbe Mondperiode, ein anderer Luder­platz in der Nähe der ­Reviergrenze in Form eines Baches in einem Wiesental: Ich will den erfolglosen Ansitz gerade beenden und begebe mich zurück zum Auto, als ein letztes Abglasen mit dem Wärmebildgerät einen Fuchs offenbart, der sich aus dem Waldschatten weit im Nachbarrevier löst. Zielsicher schnürt er über die große Wiese, um dann zurückzusichern. Genau dorthin, wo ich just einen 2. Rotrock entdecke. Ein Ranzpärchen! Reineke Nummer 2 schließt auf, und im Abstand von 20 m ­schnüren sie auf den Luderplatz zu.
 
Ich bringe mich gerade in Position, da sehe ich den 1. Räuber bereits auf unserer Bachseite auftauchen. Er begibt sich direkt auf Fraßsuche, während der 2. die Sache erst aus sicherer Entfernung beobachtet, um schließlich seinen Artgenossen zu umwerben. Der hat jedoch nur das Luder im Kopf, sodass sich der Verschmähte abseits auf die Keulen setzt. Da er weiter entfernt von mir ist, mache ich eine Ausnahme und beschieße zuerst den vermeintlichen Galan. Der Plan geht auf. Der Fuchs am Luder flüchtet auf mich zu und sichert dann zum verendeten Partner. Da erfasst ihn die Kugel. Als ich die Dublette einsammle, staune ich erneut nicht schlecht: Auch hier war der verfolgende und umwerbende Fuchs die Fähe und der vordere der Rüde. Ich komme ins Grübeln.

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Nicht immer klappt es mit der Dublette. Deshalb ist es kurz vor der Brut- und Setzzeit wertvoll zu wissen, bei welchem Fuchs es sich um die Fähe handelt, um sie vorrangig zu erlegen. (Bild: Peter Schmitt)
Zur nächsten Mondphase im Februar sitze ich wieder am Luderplatz am Silo. Irgendwann taucht hinter einem Bauernhof ein Fuchs auf, der über die Bundesstraße, die gleichzeitig die Reviergrenze bildet, gekommen sein muss. Doch statt das Luder anzunehmen, schnürt er ohne Kugelfang seitlich an mir vorbei, um einen großen Feld­bereich anzunehmen. Während ich ihm hinterherschauen muss, kommen im Hintergrund 2 weitere Wildkörper über die Bundesstraße und halten auf den einzelnen Fuchs zu. Ich wittre meine Chance und versuche, auf Schuss­distanz aufzuschließen.
 
Währenddessen treffen die 3 Rot­röcke aufeinander. Zwischen zweien kommt es zu einer wilden Beißerei. ­Gerade als ich auf Schussdistanz heran bin, gibt einer der Kontrahenten auf und verzieht sich wieder ins Nachbarrevier. Ich konzentriere mich auf die 2 übriggebliebenen, die untereinander das Werben anfangen, sodass ich unbemerkt noch näher an das Paar herankomme, das nun ebenfalls in Richtung Nachbarrevier abziehen will. Mit den bereits gemachten Erfahrungen erlege ich den hinteren Fuchs zuerst, dann den zurücksichernden vorderen. Und es kommt, wie vermutet: Die 1. Kugel traf die Fähe, die 2. den Rüden.
 
Die Fuchsranz besteht nicht nur aus der Paarung, sondern auch aus einer Vorranz. In dieser Zeit nehmen die etwa von November bis März befruchtungsfähigen Rüden Kontakt mit den Fähen auf, die diese aber meist noch abweisen. Die Zeit, in der die Fähe zur erfolgreichen Fortpflanzung aufnahmefähig ist, umfasst jedoch nur 2 bis 3 Tage. Offensichtlich scheint sich zumindest in dieser Phase der ­Rüde-folgt-Fähe-Spieß umzudrehen. Denn nicht nur ich habe diese Beobachtung bereits mehrfach machen können, auch andere Raubwildjäger haben mir dieselben Erfahrungen geschildert.
 
 
Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer, und Beobachtungen sicherlich noch ­keine Regel. Deshalb würde uns ­interessieren, ob Sie dieselben Erfahrungen gemacht haben. Über Zuschriften an wuh@paulparey.de mit dem Betreff „Fuchsranz“ würden wir uns sehr freuen.

Autor: Peter Schmitt