GPO „Spectra 8x 1,6–13 x 44“
Das Glas für alle Fälle
Ein neues Glas musste auf die Reisebüchse. Kurz und leicht sollte es sein, mit einer möglichst geringen Eingangsvergrößerung. Das neue 44-mm-Zielfernrohr von GPO wäre eines. Aber taugt es auch? Michael Woisetschläger

Bild: ichael Breuer, Paul Lenskich
Als Jäger mit 2 Wohnsitzen und beruflich bedingter Reisetätigkeit nervte es irgendwann, häufig mit einem langen Waffenkoffer auf dem Rücksitz durch die halbe Republik zu fahren. Als eine zerlegbare Bergara „BA 13 TD“ in den Waffenschrank wanderte, die sich diskret im passenden Rucksack transportieren lässt, war zumindest dieses Problem gelöst. Mit dem „Spectra 6x 2 – 12 x 50“ (s. WuH 14/2024, Seite 70), einem Zielfernrohr des deutschen Herstellers German Precision Optics (GPO), darauf montiert, schoss die kleine Büchse wie Gift und dank überarbeitetem Abzug angenehm präzise. Doch dann fiel die Entscheidung, statt eines Wärmebildvorsatzgerätes mit einem Nachsatzgerät, nämlich dem Pard „NV007 SP“ auf die Nachtjagd zu gehen. Der Hauptgrund für ein Nachsatzgerät war, dass das bei Vorsatzgeräten notwendige Einschießen entfällt und die Optik so auf mehreren Waffen, vom Kleinkaliber bis hin zur dicken Sauenbüchse und natürlich der angeführten kleinen Bergara, genutzt werden konnte. Da das GPO u. a. durch die kompakte Bauweise auch für den Einsatz mit Vorsatz optimiert ist, war einer möglichen Änderung der Jagdtechnik von Nach- auf Vorsatz auch gleich Rechnung getragen.

Auch wenn das bis dato genutzte 6-fache GPO absolut den Ansprüchen nach einem bezahlbaren Glas mit hoher Lichttransmission und guter Verarbeitung genügte, gab es doch ein Manko: Mit der Fokussierung des Nachsatzgerätes ließ sich entweder nur das Absehen oder nur das Ziel scharfstellen. Also begann die Suche nach einem Zielfernrohr mit Parallaxenausgleich. So lässt sich an der Fokussierung des Pards die Absehenschärfe und am Zielfernrohr das Ziel scharf stellen. Im Gespräch mit Dr. Ralph Nebe von GPO brachte dieser das „Spectra 8x 1,6 – 13 x 44“ ins Spiel. Die Neuentwicklung des in Inning am Ammersee ansässigen Unternehmens decke einen weiten Brennweitenbereich ab und sei ideal zum Einsatz mit Vor- oder Nachsatzgeräten, so der Marketing- und Salesleiter.
Der 1. Eindruck bestätigte seine Ausführungen: Das „Spectra 8x“ ist mit 308 mm extrem handlich und mit 685 g auch angenehm leicht. Die Baulänge wird u. a. durch das auffällig kurze 44-mm-Objektiv erreicht, das mit einer Transmission von 90 % verspricht, bis in die späte Dämmerung hinreichend Konturen zu gewähren. Trotz des geringen Gewichts bietet das kompakt und massiv gebaute Gehäuse Stabilität beim Anbau von Vor- oder Nachsatzgeräten. Das weite Sehfeld von 25,6 m auf 100 m bei 1,6-facher Vergrößerung macht das Glas drückjagdtauglich, während die maximal 13-fache Vergrößerung korrektes Ansprechen weiter entfernter Stücke ermöglicht. Als Sonderzubehör war der passende Ballistikturm von GPO, der „Ballistic Turret“, angefordert. Der ermöglicht es, 5 verschiedene Distanzen einzustellen. Das Zielfernrohr verfügt über einen Zero-Stopp, mit dem sich die Optik schnell nullen lässt.

Nach dem Einschießen der .308- Win.-Büchse mit der bleifreien Hornady „ECX 125 gr“ wurde also der Originalturm des „Spectra 8x“ gegen den Ballistikturm getauscht und auf die Entfernung 100, 200 und 300 m eingestellt. Die verbleibenden beiden Ringe sind auf 100 m mit der Lapua „Naturalis 170 gr“ und selbst geladener Subsonic auf 50 m eingeschossen. So kann man für jeden Fall schnell die richtige Einstellung vornehmen. Ein Fakt, der – gerade bei vorkommendem Raubwild beim Ansitz und Wechsel auf Subsonic – schon mehrfach sehr nützlich war.
Besonders bei der Pirsch war das kleine Glas auf der leichten Büchse ein wahrer Segen: Klarer Durchblick und optisch überzeugende Leistung bis in die tiefe Dämmerung waren die Anforderungen an eine neue Optik, und sie wurden durchaus übertroffen. Wie es GPO schafft, eine so solide und durchdachte Zieloptik zu einem so günstigen Preis – die UVP liegt bei 1 099 €, der Ballistikturm schlägt mit 88 € zu Buche – anzubieten, bleibt Firmengeheimnis: „In dieser Qualität werden Sie zu diesem Preis aktuell kein vergleichbares Produkt am Markt finden, davon sind wir fest überzeugt“, ließ Marketingleiter Dr. Ralph Nebe dazu verlauten.


Unter der alten Weide war es ziemlich dunkel geworden, und der Blick durchs Zielfernrohr zeigte, dass es nun Zeit war, das Nachtsichgerät aufzusetzen. Mit dem Schnellverschluss war das Pard geräuschlos und schnell schussbereit gemacht. Mit der Büchse auf dem Zielstock wurde die Schilfkante anvisiert, mittels Parallaxeausgleich des Zielfernrohres und Fokusknopf des Gerätes Zielbild und Absehen scharf gestellt, und es hieß, weiter zu warten. Den stufenweise dimmbare Leuchtpunkt des feinen „G4i“-Absehens stellte ich auf eine mittlere Stufe, sodass er als weißer Punkt im Absehen sichtbar war. Das Ausharren wurde belohnt: Nach nicht einmal 40 min war kurz ein Sauenkopf im Bewuchs zu sehen, dann wildes Hin und Her in der Dickung. Beim nächsten Blick durchs Glas zogen 3 Frischlinge über die Wiese, auf der sie tags zuvor schon gebrochen hatten. Das zügig angetragene Hornady „ECX 125 gr“-Geschoss sicherte einem 22-kg-Wutzchen den Platz in der heimischen Gefriertruhe. Dieses Mal hatte es gepasst.
Fazit: Mit GPO ist ein ernst zu nehmender Player im Bereich Optik am deutschen Markt, den viele noch nicht auf dem Schirm haben. Bisher hat keines der getesteten oder privat erworbenen Produkte in irgendeiner Weise enttäuscht oder den Dienst versagt. Im Gegenteil, die optische Qualität der Zielfernrohre überzeugten nicht nur mich, sondern auch Jagdkameraden, die ob des fairen Preis-Leistungs-Verhältnisses mehr als erstaunt waren.
Autor: Michael Woisetschläger