01.03.2024
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4 Min

Aus dem WILD UND HUND-Testrevier

Nicht so verbissen!

Anfang April 2023 fand die Aufnahme des waldbaulichen Gutachtens im Testrevier statt. Nun liegen die Ergebnisse vor. Peter Schmitt

Nicht so verbissen!

Bild: Peter Schmitt

Ich erwische Daniel Wölfle bewaffnet mit Klemmbrett, Kugelschreiber, Maßband und 2 Zollstöcken in der Buchen­naturverjüngung im südlichen Bereich des Obertiefenbacher Waldteils. Der junge Förster, der das Revier seit ­Kurzem betreut, ist dabei, die Verbiss- und Schälschäden für die „Forstbehördliche Stellungnahme zum Einfluss des Schalenwildes auf das waldbauliche Betriebsziel“ aufzunehmen. Die Stichprobenaufnahme wird im ­Optimum auf einer Taxationslinie von 75 m durchgeführt (die aber je nach örtlichen Gegebenheit auf 30 m verkürzt werden kann). Auf dieser Geraden werden im möglichst gleichen Abstand 4 Aufnahmepunkte festgelegt. Sie ­bilden den Mittelpunkt der jeweiligen Aufnahmefläche. Jede dieser Flächen besteht aus 4 gleich großen Quadraten à 4 m2, die der Revierleiter mithilfe zweier 2 m langer Fluchtstäbe ­bestimmt. In jedem Quadrat werden 2 Pflanzen auf den aktuellen Winterverbiss von Schalenwild hin überprüft. Mögliche Probanden müssen den Arten Fichte, Tanne, Kiefer, Lärche, Douglasie, Eiche, Buche oder sonstigen Laubbäumen, die ebenfalls definiert sind, angehören und mind. 20 cm, aber max. 1,5 m hoch sein. Auf einer Fläche wird die Aufnahme jedoch auf die führende Hauptwirtschaftsbaumart begrenzt. Schäden an anderen Arten oder weitere Auffälligkeiten, bspw. flächiger Verbiss bei Pflanzen unter 20 cm, werden ergänzend festgehalten.

Die Erhebungsflächen selbst werden im Vorfeld über Rasterpunkte in der Forstgrundkarte festgelegt. Die genauen ­Bestimmungen für die Verbiss- und Schälschadenaufnahme, die der Revierleiter geduldig umreißt, in jedem Detail wiederzugeben, bedarf der Buchform, umfasst die offizielle Anleitung für Rheinland-Pfalz doch ganze 21 DIN-A4-Seiten. Auf jeden Fall ist unser Förster nicht zu beneiden, ist er doch für 9 Betriebe, sprich Reviere, zuständig, für die sämtlich diese Aufnahmen in einem ­bestimmten Turnus durchgeführt werden müssen. In welcher Periode das Gutachten fällig ist, hängt von der vorherigen Einstufung ab. So steht die Aufnahme bei der Einordnung „nicht gefährdet“ alle 5, bei „gefährdet“ alle 4 und bei „erheblich gefährdet“ alle 3 Jahre an.
Jahreszeitlich wird die Aufnahme generell möglichst kurz vor dem ­Beginn des Austriebs – i. d. R. März/April – vorgenommen, um den Winterverbiss zeitlich möglichst komplett abzubilden. Sie ist Grundlage für das waldbauliche Gutachten, welches wiederum der ­Unteren Jagdbehörde für zukünftige ­Abschussvorgaben dient.

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Gepflanzte Edellaubhölzer und Eiben auf ehemaliger Borkenkäferfläche. Fallen Aufnahmepunkte auf solche Flächen, gelten sie automatisch als verbissgefährdet. (Bild: Peter Schmitt)

Mit ganzen 4 verbissenen Bäumen bei 96 aufgenommenen Buchen, die in den entsprechenden Bereichen die Leitbaum­art aus Naturverjüngung ­bildet, sähe die Sache, v. a. bei 0 % Schälschäden, eigentlich recht gut aus. Theoretisch. Denn 40 % der Erhebungen ­fielen auf Vollschutzflächen, also künstliche oder Naturverjüngung, die mit Zäunen oder Wuchshüllen versehen sind. Das bei uns kürzlich gepflanzte und gegen Wildverbiss geschützte Laubholz (u. a. Ahorn, Kirsche, Esskastanie, Elsbeere) wird automatisch als „verbissgefährdet“ ­kategorisiert.
Und so erreichen wir mit dem Ergebnis der Stellungnahme trotz guter Werte auf den Naturverjüngungsflächen nur die mittelmäßige Kategorisierung ­„gefährdet“. Und in der ­Bemerkung zum Resultat fordert das Forst­amt, dass wir „über den Schalenwildabschuss ­daran arbeiten, dass sich weitere Leitbaum­arten und Mischbaumarten nicht nur natürlich verjüngen können, sondern dass diese Verjüngung auch ohne Schutz aufkommen kann“. Unser Jagdkonzept, den Druck v. a. auf das Rehwild auf Verjüngungsflächen hoch zu halten, dafür auf ungefährdeten Flächen im ­Offenland nur Selektionskan­didaten zu entnehmen, trägt diesem Wunsch schon lange Rechnung.
 

Waldbauliche Betriebsziele für das Testrevier

Etablierung klimastabiler, naturnaher Mischbestände mit standortgerechten Baumarten.
Konkret:
• Buche mit Eiche bzw. Edellaub- anteilen und Nadelholz-Beimi- schung aus Naturverjüngung (NV)
• Eiche mit Buche bzw. Hainbuche aus Naturverjüngung und Pflanzung
• Edellaubhölzer, insb. Sorbus- arten, Esche und Ahorn aus Naturverjüngung oder Pflanzung
• Douglasie mit Laubbeimischung aus Naturverjüngung oder Pflanzung

Autor: Peter Schmitt