31.08.2023
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7 Min

Richtig aufbrechen

Nicht nach hinten!

Seit Jahr und Tag bekommt der angehende Jungjäger dieselbe Anleitung an die Hand, wenn es darum geht, liegendes Wild aufzubrechen. Doch ein paar Änderungen haben immense Vorteile. Peter Schmitt

Nicht nach hinten!

Bild: Klaus-Herbert Schröter

Der Bock sprang aufs Blatt, war bis auf wenige Meter auf den Jäger aufgelaufen. Halbspitz fixiert er ihn, seine Flanken beben unruhig. In wenigen Sekunden wird er abspringen. Den Haltepunkt nach vorn korrigieren, und die Kugel ist raus. Im Schuss wirft sich das Stück herum. Das Wundmal auf der Ausschussseite hinter der letzten Rippe verspricht nichts Gutes. Nur wenige Fluchten und der Bock verendet. Der suboptimale Schuss wäre eigentlich kein Problem, müsste man nicht auf die anderen ansitzenden Kollegen warten und zudem eine 30-minütige Fahrt zur Wildkammer absolvieren. Das Stück mit diesem Schuss bei über 25 °C über eine solche Dauer nicht zu versorgen – unmöglich. Zum Aufhängen gibt es in diesem Feldrevier zudem weit und breit keine Möglichkeit, also heißt es notgedrungen: liegend aufbrechen. Es gibt Situationen, in denen es nicht möglich ist, das Wild hängend oder gar in der Wildkammer aufzubrechen bzw. bevorzugen es nach wie vor einige Jäger, ihre Stücke generell liegend zu versorgen. In aller Regel wird dabei der Schlund oberhalb des Drosselknopfs abgeschärft und das Gescheide nach hinten aus dem Wildkörper entnommen. Wird der Schlund nicht abgebunden, besteht die Gefahr, dass durch austretende Äsung oder Wiedergekäutes Bakterien das Wildbret verunreinigen. Zudem werden generell, aber im besonderen Maße bei weichen Treffern, durch das Entnehmen des Aufbruchs über das Becken Filets und Keulen stark verunreinigt. Es gibt aber einen Weg, diese schweren Nach­teile zu umgehen.

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2. Zuerst werden – wie gewöhnlich – Bauchraum und Brustkorb vom Schlossansatz bis inkl. des Brustbeins geöffnet. Bei männlichem Wild muss zuvor noch das Kurzwildbret entfernt werden. Gerade bei Stücken in Winterdecke empfiehlt es sich, mit flacher Klinge einen Streifen Decke entlang der anschließenden Schnittführung zu entfernen, um eine unnötige Verunreinigung des Wildbrets mit losen Haaren zu vermeiden. (Bild: Peter Schmitt)

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3. Anschließend wird das Schloss geöffnet (natürlich kann auch geringelt werden!). Dabei unbedingt 2 Dinge beachten: 1. Die Zange immer der Knochensäge vorziehen (Verunreinigung mit kleinsten Knochensplittern sowie größere und unebenere Angriffsfläche für Bakterien). 2. Niemals die Beckenöffnung durch Druck auf Läufe oder Keulen vergrößern! Dabei reißt das wertvolle Wildbret garantiert ein. Neben der generellen Entwertung gelangen Bakterien so schneller und tiefer in das Muskelgewebe. Besser: Mit beiden Händen, Handrücken an Handrücken, in den geöffneten Beckenknochen greifen und die jeweilige Seite nach außen drücken. (Bild: Peter Schmitt)

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4. Waidloch und Enddarm werden ausgeschärft und in Richtung Wildkörper gezogen. (Bild: Peter Schmitt)

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5. Das Gescheide wird nun in Richtung Haupt entnommen. Je nach Wildart und Stärke des Stücks ist es notwendig, mind. am Zwerchfellpfeiler einen Schnitt zu setzten, ggf. entlang des Zwerchfells zu schärfen. Ist ein Mitjäger vor Ort, bietet es sich an, dass dieser das Stück bei diesem Schritt an den Hinterläufen anhebt, um die Arbeit zu erleichtern und die Vorteile des Hängend-Aufbrechens herbeizuführen. (Bild: Peter Schmitt)

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6. Ist das Gescheide nach vorn entnommen, liegen Schlund und Drossel am Trägeransatz frei. Mit flacher Klinge werden sie nun samt der Decke bis zum Drosselknopfansatz gelöst und abgeschärft. Alternativ kann auch in einem Rutsch gleich der Lecker mit entnommen werden. So können weder Schweiß noch Wiedergekäutes aus dem Schlund den Wildkörper verunreinigen. Zugegeben: Optisch ist die fehlende Decke am Träger kein Hingucker. Alternativ kann sie wie gewöhnlich aufgeschärft werden, was nur einige Augenblicke mehr Zeit in Anspruch nimmt. (Bild: Peter Schmitt)

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7. Das Stück wird an den Hinterläufen angehoben, um es über das Brustbein ausschweißen zu lassen. Das Ergebnis nach vorläufigem Ausspülen mit nur 0,5 l Wasser im Revier bei weichem Schuss: Keulen und Filets sind trotz schlechtem Treffer sauber. Wäre traditionell liegend aufgebrochen worden, sähe die Sache sicherlich anders aus. In der Kühlkammer sollte bei solchen Treffern noch einmal gewissenhaft nachgearbeitet werden. Bei reinen Kammertreffern ist das i. d. R. nicht notwendig. (Bild: Peter Schmitt)

Autor: Peter Schmitt