28.06.2023
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7 Min

Blattjagdstand bauen

Mobil und stabil

Revierjagdmeister Sascha Schmitt erklärt, worin die Vorteile von transportablen Blattjagdständen liegen und wie ein Modell für 2 Personen gebaut wird, dass sich besonders bewährt hat.

Mobil und stabil

Bild: Sascha Schmitt

Wer die Blattjagd intensiv erleben und vor allem erfolgreich praktizieren möchte, beschäftigt sich zwangsläufig damit, spezielle Ansitzschirme zu bauen. Dabei sollte klar sein, dass es deutlich vielversprechender ist, aus einem ­Bodenstand heraus zu blatten, als ungedeckt zu agieren oder wenn das Rufinstrument in einer Kanzel bedient wird. Denn oft werden die Töne des Blatters im geschlossenen Hochsitz verfälscht. Die zu kleinen Fensteröffnungen vereiteln zudem oft einen raschen Anschlag, und die Höhe mancher Ansitzeinrichtung macht auch den liebestrunkenen Rehbock stutzig. Aber insbesondere ist das Erlebnis auf Augenhöhe im Schirm viel eindringlicher und weitaus spannender. Hier thront der ­Jäger nicht in luftiger Höhe über allen Dingen, sondern ist ein Teil des Ganzen. Jeder Singvogel, jeder Käfer und auch der Bock werden anders wahrgenommen. Nur dort, wo es die Übersicht und vor allem der Kugelfang nicht zulassen, muss der Jäger auf Bodenstände verzichten. Dann bieten sich besonders Drückjagd­böcke an, die rechtzeitig vor Beginn der Blattzeit an Erfolg versprechenden Stellen aufgestellt werden. Aber überall dort, wo es Bewuchs und Gelände zulassen, bevorzuge ich den Erdschirm zum Blatten.

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Für einen Schirm wird folgendes Holz benötigt: 2 x 130 cm (Rahmen Frontteil), 6 x 63 cm (4 x Rahmen Seitenteile, 2 x Sitzbrettauflagen), 105-cm-Abschnitte (Verblendung). Menge je nach Brettbreiten. (Bild: Sascha Schmitt)

Ein Blattjagdschirm muss mehrere ­Anforderungen erfüllen: Er sollte bei maximaler Rundumsicht den Großteil des Jägers und dessen Bewegungen verbergen, ihm aber trotzdem optimale Bewegungsfreiheit bieten. Es sollte der alte infanteristische Leitspruch „Wirkung geht vor Deckung“ berücksichtigt werden. Der bestgetarnte Schirm nützt nur wenig, wenn der Jäger nichts sieht oder darin nicht richtig wirken kann. Im ­Gegensatz dazu kann ein geringer Tarnwert zugunsten besserer Bewegungsfreiheit durch vorsichtiges Verhalten und Camokleidung leicht ausgeglichen werden. Weiterhin sollte der Stand eine stabile Gewehrauflage bieten, die einen raschen Anschlag ermöglicht und es auch zulässt, mitzuziehen. Im Idealfall ist die Schirmgröße so gewählt, dass 2 Personen darin Platz finden. Durch die Bauweise sollte es möglich sein, den Stand lautlos zu beziehen und zu verlassen, ohne Wild zu verprellen.

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Die Seitenteile werden wie abgebildet am Frontteil mit stabilen Scharnieren befestigt. Jeweils ein Brett pro Seitenteil dient als Sitzbrettauflage. (Bild: Sascha Schmitt)

In meinen ersten Jahren als Berufsjäger versah ich das von mir betreute Revier mit stationären Schirmen, die ich mit Fichtenästen, Besenginster oder Tarnnetz verblendete. Recht schnell zeigte sich aber, dass diese klassische Bauweise viele Nachteile hatte: Die natürliche Verblendung war nur für eine Saison tauglich und musste spätestens im Folgejahr aufwendig erneuert werden. Besonders bei Tarnnetzen verhedderte sich die Waffe von Gästen bspw. mit Korn oder Riemenbügel, was beim springenden Bock den Jagderfolg schnell zunichtemacht. Der in meinen Augen größte Nachteil von stationären Schirmen ist aber, dass sie nur für eine sehr kurze Zeitspanne genutzt werden, viel Baumaterial binden und dazu beitragen, dass das Revier übermöbliert wirkt. Hier eine Kanzel, nebenan ein Drückjagdbock und dann noch ein Blattjagdschirm auf kleinster Fläche – das macht nicht nur bei Unbeteiligten einen fragwürdigen Eindruck. Transportable Schirme sind in dieser Hinsicht deutlich besser und vielseitig einsetzbar.
Pop-up-Schirme oder reine Tarnnetzkonstruktionen sind für die Blattjagd fast ausnahmslos ungeeignet, da sie über keinerlei Gewehrauflage verfügen.

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Die Verblendung (Menge der Bretter richtet sich nach verwendeter Brettbreite) wird pro Teil an 2 oben und unten abschließenden Rahmen-Brettern befestigt. (Bild: Sascha Schmitt)

Nachdem ich mehrere Prototypen angefertigt und erprobt hatte, bewährte sich folgende Bauweise am besten: Der aufklappbare Schirm besteht aus 3 ­Teilen, die mit stabilen Scharnieren verbunden sind. Als Baumaterial dienen Schalbretter, die nach der Montage entweder mit Holzlasur gestrichen oder mit dem Gasbrenner geflämmt werden.
Das große Frontteil wird mit einer Höhe von 105 cm und einer Breite von 130 cm angefertigt, während die Seitenteile ebenfalls 105 cm hoch, aber nur 63 cm breit sind. Diese Seitenteile werden mit einem Querbrett versehen, das als Sitzbrettauflage dient. Die Höhe wird der eigenen Körpergröße angepasst. Mit Scharnieren verbunden, lässt sich der Schirm so bequem zu- und aufklappen und über weitere Distanz von 2 Personen transportieren. Zusammengelegt nimmt er wenig Platz in Anspruch, sodass mehrere Schirme im geräumigen Kofferraum, auf der Ladefläche eines Pick-ups oder kleinen Anhängers transportiert werden können. Als Sitzmöglichkeit kann ein Sitzbrett eingelegt werden, das mit 2 Holzschrauben gesichert wird. Alternativ dienen 2 ausreichend dimensionierte Stammabschnitte oder ein mitgeführter Hocker (bspw. Sitzrucksack). Die Hockervariante bietet gegenüber dem Sitzbrett den Vorteil, dass der Schütze flexibler in den Anschlag gehen kann. Sie sollten nur Laubholzstämme nutzen, um Harz­flecken auf dem Hosenboden zu ­vermeiden.

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Zusammengeklappt lässt sich der Schirm platzsparend transportieren. (Bild: Sascha Schmitt)

Soll der Stand über einen längeren Zeitraum eingesetzt werden, wird er auf Kunststoffplatten gestellt, um ­direkten Bodenkontakt und somit Fäulnis zu vermeiden. Das tut seiner Stabilität keinen Abbruch. Da die Rückseite des transportablen Standes offen ist, hat es sich bewährt, ihn vor einer Deckung, z. B. einem Baum oder Wurzelteller, zu positionieren Bereits Anfang Juli werden potenzielle Standorte für den Schirm erkundet und Pirschwege angelegt. An den besten Plätzen kann man bereits vorhandene Stände aufstellen, damit während der Blattzeit keine Beunruhigung stattfindet. Wurde dann der bestätigte oder erhoffte Bock von einem Schirm aus erlegt, wird er direkt an anderer Stelle aufgestellt, wo im Vorfeld nur ein Pirschweg angelegt wurde. ­Geschieht das zur Mittagszeit und möglichst leise, kann er dort schon am gleichen Nachmittag wieder genutzt werden. Voraussetzung dafür ist natürlich, dass der Standort nicht im, sondern in gewisser Entfernung zum Einstand des Gehörnten gewählt wurde.
Auf diese Weise lässt sich eine Vielzahl von Revierbereichen mit nur wenigen, flexiblen Schirmen bejagen, ohne auf die Vorzüge einer stabilen jagdlichen Einrichtung verzichten zu müssen. Außerhalb der Blattzeit finden die Klappschirme – dort, wo es der Kugelfang zulässt – auch bei der Wildschadensverhütung, der Raubwildjagd im Feld sowie als Drückjagdstände Verwendung.

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Der Blattjagdstand wird entweder abgeflämmt oder gestrichen. So ist er weniger witterungsanfällig und zudem deutlich unauffälliger. Platziert wird er im Idealfall bspw. vor einem Deckung bietenden Baum. Er kann mit Sitzbrett oder Hocker genutzt werden. (Bild: Sascha Schmitt)

Autor: Sascha Schmitt