27.03.2024
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WUH
Ausgabe 07/2024
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7 Min

WuH-Kitzbox 2.0

Mehr Luft

Im vergangenen Jahr war die WILD UND HUND-Kitzbox zum 1. Mal im Einsatz. Wildretter aus ganz Deutschland nutzten sie. Die Redaktion hat deren Erfahrungen gesammelt und die Kiste umgehend weiterentwickelt. Heiko Hornung

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Bild: Markus Lotz

„Hier liegts!“ Wildretter Peter wurde von seinem Drohnenpiloten zu der Stelle gelotst, die auf dem Display deutlich die weiße Wärmesignatur eines Kitzes zeigt. Die von Peter mitgeführte Kitzbox ist schnell zusammengefaltet, Gras rein, Kitz rein, Deckel zu, Spanngurt rum – fertig. Am schattigen Wiesenrand deponiert, wartet der Rehnachwuchs jetzt gesichert darauf, nach der Mahd wieder freigelassen zu werden.
Rund 2 000 Kitzboxen waren in der vergangenen Saison deutschlandweit im Einsatz. Mehrere Rettungsteams stattete die Redaktion mit Testboxen aus. Die nahmen am Ende der Saison kein Blatt vor den Mund, sagten und schrieben, was ihnen beim Einsatz auffiel.

Unter den Testern war auch ein Team der TU München, die verschiedene Boxen aus Papier und Kunststoff im Einsatz hatte. Darunter waren Klapp- und Wäschekörbe bis hin zum Umzugskarton. Teamleiter Ferdinand Stehr ist zwar nach wie vor mit der endgültigen Datenauswertung beschäftigt, doch ein Zwischenfazit konnte er im Herbst des vergangenen Jahres bereits ziehen: Die Kitze hätten sich in der Box schnell beruhigt, seien deutlich weniger gestresst entlassen worden, hätten sich in der Box nicht verletzt und seien auch nicht ausgebrochen. Am Ende der Saison waren noch alle Boxen im Einsatz. Was noch fehlte, war die Auswertung der Thermologger, die die Innentemperatur in den Boxen gemessen hatten. Oft sind für die Kitze in den Behältnissen v. a. aus Kunststoff die schon hohen Temperaturen Ende Mai ein Problem. Einen spannenden Versuch dazu unternahmen Hubert und Paul Fankhauser aus Kufstein. Sie verwendeten verschiedene Kunststoffboxen: geschlossene Boxen nur mit Lüftungsgriffen, Bäcker- und Klappkörbe sowie umgestülpte Kunststoffbütten. Je weniger Licht in die Boxen fiel, desto schneller beruhigte sich das Kitz, desto schneller stieg aber auch die Temperatur in der Box. Die Gitterkörbe waren diesbezüglich wesentlich besser, doch bei zu viel Licht – und das bestätigten mehrere Rettungsteams – werden einige Kitze nicht ruhig und dabei massiv gestresst. Die Gitterboxen mussten außerdem mit stabilen, schweren Deckeln gesichert oder, soweit sie umgestülpt wurden, mit massiven ­Bodenankern gesichert werden, weil sonst die Gefahr bestand, dass das Kitz sich aus der Gefangenschaft befreite.
 

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Die neue WuH-Kitzbox (l.) hat auf der kurzen Seite einen Knickfalz erhalten. Damit ist sie noch platzsparender zu transportieren als die alte Kitzbox (r.). (Bild: Heiko Hornung)

Auf Herz und Nieren testete auch die Kitzrettung der Kreisgruppe Rhein-Lahn die WuH-Kitzbox. 85 Einsätze absolvierte die Mannschaft um Daniel Bröder mit der neuen Box. „Erfreulich fiel gleich das flache Packmaß in den meist viel zu kleinen Einsatzwagen auf. Die Boxen konnten unter dem übrigen Equipment im Kofferraum oder hinter dem Fahrersitz gut verstaut werden“, schreibt er. Nach anfänglicher Unsicherheit, was den Zusammenbau anging, seien die Kitze im trockenen und abgedunkelten Unterschlupf schnell gesichert gewesen. Mit einem Spanngurt versehen, der nicht im Lieferumfang enthalten war, blieb das Kitz ausbruchssicher verwahrt, bis es nach der Mahd, nach dem Lösen den Gurtes durch den leicht aufgehenden Boden, ohne es noch einmal anfassen zu müssen, wieder freigelassen wurde.

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(Bild: Markus Lotz)

 


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Bislang musste die Kitzbox mit einem Spanngurt verschlossen werden (o.). Die WuH-Kitzbox 2.0 hat einen gefalzten Deckel, der mit einer Sicherungslasche blockiert wird. Sowohl Deckel als auch Boden sind so ausbruchsicher verschlossen. (Bild: Heiko Hornung)
Als positiv bewertete das Team:

- Geringes Packmaß
- Geringes Gewicht
- Hohe Stabilität
- Aufdruck „Wildrettung“
- Die flache Box kann zusätzlich als Landeplatz für die Drohne dienen.

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Deckel und Boden haben nur noch 3-fach übereinander zu legende Laschen. Der Aufbau geht damit noch sicherer und schneller von der Hand. (Bild: PPZV)

Die Wildretter sparten aber auch nicht mit Kritik. 2 Grifflöcher, die gleichzeitig auch die Belüftungsschlitze für die ­Kitze in der Box bilden, schienen ihnen zu wenig. Trotz Beschichtung hätten Tau und Regen den Kartons stark zugesetzt, an den Faltstellen sei die Kartonage nach mehrmaligem Gebrauch eingerissen. Nicht alle Boxen hätten die Rettungssaison überlebt. Im Vergleich zu Kunststoffboxen sei der Preis von knapp 12 € zu teuer.

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(Bild: Markus Lotz)

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Bislang dienten 2 Grifflöcher als Belüftungsschlitze für die gesicherten Kitze in der Box. Die WuH-Kitzbox 2.0 (u.) hat 4 Grifflöcher und ist damit besser belüftet. (Bild: Heiko Hornung)

Uns war klar: Das musste besser werden! Stabiles Verpackungsmaterial, das alle gewünschten Eigenschaften in sich vereinigt, ist nicht leicht zu finden. V. a. sind Papiere und Energiepreise ­immens gestiegen. Die Fortsetzung ­einer verbesserten Box durfte also nicht teurer werden, sollte aber einige zusätzliche Features haben.
Beim Verpackungsspezialisten Heu- chemer in Miehlen, einem Unternehmen, das ebenfalls im Rhein-Lahn-Kreis zu Hause ist, wurde die Redaktion fündig. Im Produktmanagement der Firma sind ebenfalls engagierte Jäger, die tatkräftig an der Verbesserung mitarbeiteten:

1) So wurde noch einmal nach einer Kartonage gesucht und diese auch gefunden, die noch wasserabweisender beschichtet ist. Trotzdem verlängern mit Packband abgeklebte Kanten die Lebensdauer der Kisten.
2) Die Box erhielt zwei zusätzliche gestanzte Tragegriffe, die auch die Belüftungssituation in der Box verbessern und verhindern, dass die Retter in der Eile die Box falsch herum befüllen, weil die Schlitze immer oben bleiben.
3) Die Box erhielt auf der kurzen Seite noch einen Falz, damit sie noch platzsparender transportiert und versendet werden kann. Interessanterweise büßte die Box dadurch nicht an Stabilität ein. ­Immer noch trägt sie zusammengeklappt einen Mann mit über 100 kg.
Das Grundmaß von 45,4 cm x 35,4 cm x 34 cm blieb unverändert. Bei kleinen Kitzen passen 2 hinein, bspw. Geschwisterkitze, die oft beieinander gefunden werden. Es empfiehlt sich aber, für jedes Kitz eine eigene Box zu nehmen.
4) Oft bemängelt wurde der fehlende Spanngurt, um die Kiste zu verschließen.
Bei Heuchemer fand man eine ­Lösung, die sich in den Karton stanzen ließ: Durch eine kleine Lasche, die sich in den verschlossenen Deckel wie ein Sicherungsstift stecken lässt, wird die Box bombenfest verschlossen. Ein Ausbruch ist so für das Kitz aus- geschlossen, einen extra Spanngurt braucht es nicht mehr. 
 

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(Bild: Heiko Hornung)

Autor: Heiko Hornung