Den cleveren Rabenkrähen nachzustellen, bietet äußerst reizvolles Waidwerk. Über kaum eine Jagdart kursieren aber derartig viele fragwürdige Geheimtipps. 3 der vermeintlichen Wundermittel, auf die Sie getrost verzichten können, stellt Ihnen Richard Günzel vor.
1.: Krähenkarusselle wurden – als eine Anleihe aus der Taubenjagd – eine Zeitlang als Geheimtipp gehandelt und haben noch immer ihre enthusiastischen Befürworter. Besonders populär waren und sind günstige elektrisch betriebene Modelle, die 3 Attrappen auf Metallarmen in regelmäßigen Abständen rotieren. Die große Mehrheit ist aber längst davon abgerückt, und das aus gutem Grund: Das Karussell produziert repetitive und unnatürliche Bewegungen im Lockbild. Besonders auf Jungkrähen wird das Karussell zwar nicht zwingend abschreckend wirken, aber durch sein spezifisches Bewegungsmuster hat es einen erheblichen Wiedererkennungswert. Damit erzeugt es einen fatalen Lerneffekt für evtl. überlebende Corviden. Und diesen muss der Krähenjäger unbedingt vermeiden, um auf Dauer Strecke machen zu können.
Das Krähenkarusell, hier ein besonders verbreitetes Modell, ist auf Dauer kontraproduktiv! Bauen Sie es lieber um und nutzen Sie es für die Taubenjagd. (Bild: Hersteller)
2.: „Confidence birds”, d. h. Attrappen anderer Vogelarten, die in natura häufig im Verein mit Rabenkrähen auftreten. Zu nennen wären etwa Möwen, Reiher, Störche etc., die wie Huckebein auch z. B. von frisch gemähten Wiesen magisch angezogen werden. Sind entsprechende Attrappen ausreichend beflockt und genügen auch anderweitig den Anforderungen an funktionale Decoys, schaden sie nicht – sie erhöhen aber erfahrungsgemäß auch nicht die Anziehungskraft des Lockbildes für Krähen. Das Gleiche gilt für Elstern- oder Taubenattrappen. Was nicht nützt, sollte man sich sparen. Gerade später im Jagdjahr fallen letztgenannte Arten auch ohne „eigene” Decoys durchaus gern einmal neben einem kopfstarken vermeintlichen Krähenschwarm ein und lassen sich dann dankend erbeuten – wer sagt schon nein zur Taubenbrust? Systematisch auf Tauben und Krähen gleichzeitig Dampf machen zu wollen, ist allerdings keine gute Idee – nachhaltig erfolgreiche Krähenjagd erfordert die ungeteilte Aufmerksamkeit des Waidmanns.
Schadet nicht, bringt aber bestenfalls wenig: Eine Reiherattrappe. Nur auf Krähen zu setzen, hat sich als einfacher und nicht minder effektiv erwiesen. (Bild: Hersteller)
3: Magnum-Patronen: Aufgrund der Eigenheiten der Krähenjagd am freundlichen Lockbild vertut sich der Waidmann schnell in der Entfernung. Besonders wer bei noch diffusen Lichtverhältnissen durch sein Tarnnetz gegen den Himmel starrt, kann die Distanz schnell unterschätzen. Das veranlasst viele, ihr Heil in HV-Laborierungen und starken Vorlagen zu suchen. Auf Dauer richten sie damit aber mehr Schaden an ihrer Schießfertigkeit an, als sie dem Wild einen Gefallen tun. Mit einem adulten Lebendgewicht von 500 bis 600 g (Fasan: 1 bis 1,5 kg, Graugans 3 bis 4 kg) sind Rabenkrähen nicht besonders schussfest. Standardladungen mit 2,7 oder 3 mm und Vorlagen um 32 g bzw. 36 g sind darum völlig ausreichend, um sie waidgerecht zu erlegen.
Tun Ihnen mehr weh, als dass sie bei Krähen nutzen würden: Eine Auswahl an Magnum-Patronen bei einer bekannten Kauf- und Versandhauskette. Mit Standardlaborierungen jagen Sie effektiver und nicht weniger waidgerecht. (Bild: Hersteller)
Grundsätzlich sollte die weiteste Attrappe im Lockbild nicht mehr als 25 m vom Schirm entfernt sein, um einen Anhaltspunkt zu bieten. Aber natürlich fallen nicht alle Krähen ein bzw. streichen auch mal aus unverhofften Richtungen an. Der Waidmann kann sich behelfen, in dem er z. B. Pfähle, bemalte Steine oder andere auch durch den Schirm deutlich sichtbare Markierungen in etwa 40 m Distanz anbringt. Diese zeigen die Maximalentfernung für den Schuss an.
Fazit:
Die Krähenjagd am freundlichen Lockbild ist kein Hexenwerk, erfordert aber einigen Aufwand. Damit ist sie besonders im Sommer immer ein Rennen gegen die Zeit und gegen den inneren Schweinehund, der erst mal überwunden sein will, wenn morgens um 3 Uhr der Wecker klingelt. Über den Erfolg entscheidet neben Tarnung, der Disziplin und Schießfertigkeit des Jägers in erster Linie die Qualität des Lockbildes. Das bildet den Schlüsselreiz und animiert mehr als alles andere den Futterneid der schwarzen Sippe. Der akustische Locker steht nur an zweiter Stelle und ist im Notfall verzichtbar. Darum sollte man gemäß des US-amerikanischen KISS-Prinzips („Keep it simple, stupid“) das erforderliche Material minimieren und so einfach wie möglich halten. Die primäre, optische Lockwirkung ist aber nur so gut wie ihr schwächstes Glied. Eine abseits stehende und darum nicht bemerkte, umgefallene Reiherattrappe z. B. reicht bereits, auch einen verheißungsvollen Anflug zunichte zu machen. Je weniger Komplikationen im Lockbild, desto weniger potenzielle Fehlerquellen. Jede zusätzliche in Tarnung investierte Minute dagegen macht sich erfahrungsgemäß bezahlt. Also: Konzentrieren Sie sich auf das Wesentliche – das Einfache bringt den Erfolg.