Fasane aufziehen und auswildern
Fit in die Freiheit
In WuH-Ausgabe 7/2023 veranschaulichte Revierjagdmeister Sascha Schmitt, wie Fasane richtig gezogen werden. In diesem Beitrag erläutert er, wie und wann Jungfasane erfolgreich ausgewildert werden.
Bild: Bildagentur Schilling
Spätestens wenn die Jungfasane 5 Wochen alt sind, werden die im Revier errichteten Auswilderungsvolieren bezugsfertig gemacht. Sie wurden bereits im Vorfeld in besonders für Fasane geeigneten Revierecken aufgebaut, um die Jungvögel darin mit Umwelteinflüssen und der Umgebung vertraut zu machen. Ohne eine Eingewöhnungsphase wären die Verluste durch Abwanderung und Prädation so groß, dass sich das Ziehen von Fasanen nicht rechnet. Um das Auswildern so effektiv wie möglich zu gestalten, empfiehlt es sich, mit möglichst vielen, ausreichend großen Volieren auf ganzer Revierfläche zu arbeiten. Dabei sollten etwa 5 m² pro Fasan vorgesehen werden. Eine lokale Konzentration von Feldhühnern, wie sie beim Auswildern entsteht, führt zwangsläufig zu einem erhöhten Interesse des Raubwildes und ohne entsprechende Vorkehrungen zu übermäßigen Verlusten durch Fressfeinde. Auch der fleißigste Raubwildjäger wird es nicht schaffen, seinen Beritt raubwildfrei zu halten. Zu groß ist der Zuwanderungsdruck aus Revieren, die ihrer Hegepflicht nicht nachkommen. Deshalb muss der Auswilderungsort für den Fasan besonders ideal gewählt sein. Für Deckung und Aufbaummöglichkeiten sollten Bäume und Hecken in unmittelbarer Nähe sorgen. Solitär stehende, hohe Bäume sind nicht gewünscht, da sie ideale Warten für Greifvögel bilden. Es sollte auch ausreichende Winter- und Brutdeckung durch mehrjährige gras- und strauchdominierte Flächen vorhanden sein, ebenso möglichst natürliche Gewässer – stehend oder fließend. Um Mähverluste während der Auswilderungsperiode und der Brutzeit zu vermeiden, ist der Standort der Voliere so zu wählen, dass wenig Grünlandflächen drumherum liegen.
Bereits deutlich vor der eigentlichen Auswilderung muss um die Volieren herum ein Netz aus Fangeinrichtungen, Fütterungen und Tränken errichtet werden. Während die Fallen die Raubwilddichte niedrig halten, soll eine hohe Zahl an Fütterungen und Tränken dafür sorgen, dass die Fasane nicht abwandern, sondern nach kurzen Wegen ihre elementaren Bedürfnisse erfüllen können. Die Auswilderungsvoliere muss so gebaut sein, dass kein Raubwild eindringen kann. Kämen Fuchs oder Marder irgendwie hinein, wäre der gesamte Besatz über Nacht verloren. Um dieses Szenario zu verhindern, müssen die Außenzäune unbedingt zusätzlich mit Elektrolitze und Weidezaungerät abgesichert werden. 2 Litzen über dem Boden, eine auf Gürtelhöhe und eine auf dem oberen Volierenrahmen verwehren dem Raubwild zuverlässig den Zugang. Damit die unteren Stromdrähte nicht einwachsen, können entlang des Zaunes schmale Dachpappestreifen ausgelegt werden. Sie unterdrücken die Vegetation. Mittlerweile verwende ich an den Volieren nur noch Weidezaungeräte mit Solarpaneelen, um eine unbemerkte Entladung des Akkus zu vermeiden. Trotz E-Zaun gehört an jede Voliere zwingend eine große Kastenfalle, in der sich alles Raubwild fängt, das am Zaun entlangschnürt, weiterhin Tränken, ein Futterautomat und eine ausreichend große Aufbaummöglichkeit. Die Vegetation im Innern sollte der des direkten Umfelds entsprechen.
Sind alle Volieren vorbereitet, die Tränken und Fütterungen befüllt, gilt es, den richtigen Zeitpunkt abzupassen, um die Fasane umzusetzen. Ziel ist, die Jungtiere sehr früh in die Eingewöhnungsvolieren zu bringen, um eine möglichst naturnahe Aufzucht zu erreichen. Ein Feldhuhn, das bis zu seiner 14. Lebenswoche unter der Wärmelampe sitzt, keine Umwelteinflüsse und -eindrücke kennt, wird spätestens den ersten Winter nicht überstehen. Allerdings kann auch ein zu frühes Besetzen der Volieren durch Witterungseinflüsse – bspw. starke Regengüsse – zu einem Totalausfall durch Auskühlen der Jungvögel führen. Bereits mit 5 bis 6 Wochen verbringen immer weniger Jungfasane die Nacht unter den Wärmestrahlern im Aufzuchtstall, sondern baumen lieber auf. Natürlich hängt dieses Verhalten auch stark von den Außentemperaturen ab. Doch spätestens mit 7 Wochen kommt der Tag, an dem die Auswilderungsvolieren grundlegend besetzt werden können. Wenn dann der Wetterbericht eine längere Schönwetterphase anzeigt, geht es los: Die Jungfasane werden mit dem Kescher gefangen und in Transportkisten gesetzt. Dabei dürfen sich die Vögel nicht verletzen können. Praktiker umfassen beide Schwingen am Körperansatz. So wird der Fasan demobilisiert und kann sich nichts brechen. Fang und Transport müssen möglichst zügig und sanft erfolgen, um den Stress bei den Hühnern gering zu halten. Mein Tipp: Bei Dunkelheit lassen sich Fasane besonders schnell und einfach einfangen. Mit der starken Taschenlampe geblendet, kann man sie rasch von den Sitzstangen nehmen, ohne dass Panik entsteht. Vorm Einsetzen in das Auswilderungsgehege wird jedes Individuum noch einmal auf Verletzungen untersucht und kleinere Abschürfungen an der Schnabelhaut oder an den Ständern mit Blauspray behandelt.
Nun gewöhnen sich die Jungtiere an alle Umweltreize und leben sich in ihrer Umgebung ein. In dieser Phase suche ich alle Volieren täglich morgens und abends auf, um Futter und Wasser zu erneuern und die Stromzäune zu überprüfen. Bei diesen Kontrollgängen gehören die Flinte und der firme Hund an die Seite des Jägers. Oft bietet sich die Möglichkeit, ein Stück Raubwild zu überraschen. Darüber hinaus sorgen nächtliche Ansitze und Pirschgänge dafür, dass sich kein zugewanderter Prädator in Volierennähe etabliert. Auch den passionierten Jäger verlässt früher oder später die Lust, sich die Nächte um die Ohren zu schlagen. Spätestens jetzt wird klar, dass die Raubwildjagd im Niederwildrevier eine Frage des Pflichtbewusstseins und der Disziplin sein muss. Mit der Zeit wird der Anteil des Aufzuchtfutters immer weiter verringert und durch Bruchgetreide ersetzt. Sollten die Fasane jedoch mit Federpicken beginnen, wird sofort wieder Kükenstarter verfüttert. Denn Grund für dieses lästige Verhalten ist oft Eiweißmangel. Es kann schnell zu einem handfesten Problem in der Voliere werden. Eiweißmangel, Langeweile und/oder zu enge Haltungsbedingungen können die Ursache sein. Wer auf Schnabelkappen verzichten möchte, kann die Fasane mit Rüben, Maiskolben oder Kohlblättern beschäftigen. Lässt sich das Picken so nicht abstellen, müssen die Fasane entweder auf weitere Volieren verteilt oder verfrüht ausgewildert werden.
Doch wann sollen die Jungvögel eigentlich regulär in die Freiheit entlassen werden? Auch hier sind mehrere Faktoren wichtig, soll das Unterfangen von Erfolg gekrönt sein: Um Ernteverluste zu vermeiden, warte ich grundsätzlich so lange, bis auch das letzte Getreidefeld geerntet und zudem keine Grünlandmahd im unmittelbaren Umfeld ansteht. Natürlich unterbleibt das Auswildern auch dann, wenn bekannt ist, dass sich in naher Umgebung noch ein Raubsäuger herumtreibt. Erst wenn die Fallen schon länger keinen Fang mehr brachten und sich bei den nächtlichen Kontrollen keine Fressfeinde mehr zeigten, darf überhaupt daran gedacht werden, die Tore zu öffnen. Grundsätzlich sollte eine Eingewöhnungszeit von mind. 2 Wochen angestrebt werden. Am frühen Vormittag wird schließlich vorsichtig die Volierentür geöffnet. Frühestens nach 4 Stunden wird kontrolliert, ob auch alle Vögel ausgeflogen sind. Wenn möglich, wird die Umzäunung direkt mit einer neuen Partie Fasane beschickt. Durch deren Lock- und Rufgeräusche werden die freien Jungvögel im Umfeld gebunden. Um dieses zudem attraktiver zu gestalten, sollte vor der Auswilderung breitwürfig Getreide gestreut werden. Auch Zuckerrüben oder Maiskolben können die Vögel dazu bringen, länger zu verweilen und sich langfristig zu beschäftigen. Bei den Fasanen ist es wie bei den Menschen: Wer viel trinkt und isst, läuft selten weit.
Wer denkt, dass mit dem Öffnen der Volierentür die Arbeit weniger wird, ist leider auf dem Holzweg. Nun heißt es vor allem, beim Raubwild am Ball zu bleiben. Morgens und abends werden die Futterautomaten und Tränken beschickt sowie Risse und Rupfungen gesucht. Nur so wird klar, wann die Jungvögel den ersten Kontakt mit Räubern hatten, denn im Handumdrehen werden sie heimlicher und scheu. Trotz aller Mühen werden Verluste durch Abwanderung und Beutegreifer nicht ausbleiben. Es wird immer wieder herbe Rückschläge geben. Frust und Enttäuschung sind die ständigen Begleiter, wenn es darum geht, den Fasanenbesatz zu stützen. Und man kommt an den Punkt, an dem man sich fragt, ob sich der ganze Aufwand überhaupt lohnt. Ja, er tut es! Spätestens wenn im nächsten Frühjahr nach langer Zeit wieder der Balzruf eines Gockels im heimischen Revier ertönt, eine Fasanenhenne ihr Gesperre erfolgreich aufzieht oder in weiter Zukunft eine Fasanenjagd durchgeführt werden kann, weiß man mit Sicherheit, dass es alle Mühen und Nöte wert war. Wir müssen unseren Hühnervögeln helfen! Wenn wir es nicht tun, werden sie aus unseren Revieren bald für immer verschwinden.
Autor: Sascha Schmitt