Neue Walther „PDP F-Series“
Endlich was für Frauenhände
Obwohl der Anteil der Jägerinnen immer weiter steigt, kommen viele Ausrüster nur langsam nach. Die Firma Carl Walther hat sich aus den USA inspirieren lassen und die erste Kurzwaffe für die weibliche Handanatomie entwickelt. Vivienne Klimke war bei der Vorstellung dabei.
Bild: shutterstock/Teerawit Chankowet
Bernhard Knöbel, Geschäftsführer der Carl Walther GmbH, würde diese Frage wohl vehement bejahen. Denn eine Leitlinie der Firma Walther ist, so schilderte er in Ulm, dass der Schütze immer Herr des Verfahrens“ sein soll. „Das betrifft zum einen die Situation, zum anderen soll der Schütze keinesfalls Stress mit der Waffe haben“, beschreibt Knöbel. Eine Voraussetzung, die er bei Frauen an der Pistole „PDP“ und anderen Kurzwaffen nicht immer gegeben sah. Unter anderem hätten sie im Gegensatz zu Männern in der Daumenbeuge nicht so viel Fleisch, sodass sich am Griff beim Schießen oft Lücken auftäten, die einen Hochschlag bewirkten, so Knöbels Beobachtung. Manche Frauen müssten sich mühen, um an den Abzug zu gelangen oder den Schlitten zurückzuziehen.
Der tatsächliche Anlass für Knöbel, in die Entwicklung einer Damenpistole einzusteigen, waren zum einen positive frühere Erfahrungen in einem anderen Unternehmen, das eine Damenflinte entworfen hatte. Zum anderen hat er, wie er in Ulm schilderte, ein cooles weibliches Team in den USA hinter sich, angeführt von Tatiana Whitlock und Gabby Franco. Mit ihnen hatte er auch den Namen des neuen Modells diskutiert. Irgendwas mit „empowered“ vielleicht? Aber wäre das nicht wieder anmaßend? Whitlock lehnte ab: „Einfach F-Series!“ Die Entwicklung der neuen Waffe setzte hauptsächlich an 3 Punkten an: Griffstück, Abzug und Schlitten. Der Plan war anfangs, die „PDP“ schlicht zu entschlacken, hier und da um das Nötige zu reduzieren, damit sie für Frauen besser kompatibel wäre. Das funktionierte beim Griffstück am besten: Einfach mal bis aufs Grundgerüst abspecken und dann anhand der Hände von Probandinnen mit Ton neu aufpolstern. Heraus kam ein um bis zu 7 % reduzierter Griffumfang. Der Abzug wurde zudem um 5 mm nach hinten versetzt, das Abzugsgewicht um rund 10 % heruntergeschraubt. Der „Performance Duty Trigger“ breche jetzt bei 23 Newton wie Glas, heißt es dazu aus der Firma Walther. Doch danach ging es für die Entwickler laut Knöbel in völliges Neuland. „Wir hatten nicht damit gerechnet, dass im Endeffekt eine völlig neue Waffe entstehen würde“, sagte er. Denn das Ziel, den Widerstand beim Durchladen zu verringern, konnte letztlich nur erreicht werden, indem ein separates, lineares Schlagstück eingebaut wurde. „Wir haben im Gegensatz zur ‚PDP‘ jetzt also eine echte ‚striker fired‘-Pistole“, beschreibt Knöbel. Der Durchladewiderstand konnte gegenüber der „PDP“, die mit einer reinen Schlagbolzenschlosskonstruktion ausgestattet ist, um 20 % herabgesetzt werden. Knöbel ist sich sicher, dass die Errungenschaften bei der „F“-Serie die weitere Modellpolitik bei Walther beeinflussen werden.
Je nach Lauflänge (3,5 oder 4 Zoll) wiegt die „F“-Serie ungeladen 660 bis 680 g. Das 15-schüssige Magazin ist das gleiche wie bei der „PDP Kompakt“, um die Waffen kompatibel zu halten.
Für den „Ladies Range Day“ in Ulm hatte das Unternehmen Carl Walther 3 Ausbilder der Firma „Greyground“ gebucht, die die Pressevertreterinnen beim Schießen begleiteten, dazu die Soldatin, Psychologin und Trainerin Claudia Breit. Sie war allerdings nicht die einzige, die jetzt gerne mit der „F“-Serie statt mit einer regulären Männerwaffe schießt: Auch ihr Kollege Maximilian Schmidt bekannte sich dazu: Er hat kleinere Hände als viele Männer und empfindet die kompakte Ergonomie als angenehmer.
Greyground-Mitbegründer David Müller legte bei der Einweisung einen großen Schwerpunkt auf die Lage der Hände an der Waffe. „So viel Fleisch wie möglich“, lautete seine Devise. Die Damen dürfen schießen, so viel sie wollen, und kosteten das auch richtig aus. Bereits nach der ersten Einheit war der Boden des Schießstands mit leeren 9-mm-Hülsen übersät. Die Fortschritte zwischen den einzelnen Durchgängen sind unübersehbar, die Begeisterung der Teilnehmerinnen wachsend. Ihre überwiegend männlichen Ausbilder äußern sich am Ende überrascht: „Selten hören Kursteilnehmer so gut zu und setzten die Anweisungen direkt um.“ Fazit: Die Waffe ist ab 849 € im Fachhandel und nur im Kaliber 9 mm erhältlich. Wie die „PDP“ hat sie einen Polygonlauf und neben der Ladeanzeige 3 Autosicherungen. Endlich eine Kurzwaffe für die Hände einer Frau!
Autor: Vivienne Klimke