IWA 2024
50 Jahre und ganz schön anders
Jede Menge Aussteller und ein geschrumpftes Sortiment. Bei der diesjährigen IWA dominierte Thermaloptik in vielen Varianten die gewohnten Klassiker der anderen Bereiche, wie Wolfram Osgyan feststellen musste.
Bild: Wolfram Osgyan
40 000 Besucher den Weg in die Messehallen – ein deutliches Plus gegenüber den Vorjahren. Doch wenn für einen der Großen in der Branche 10 Asiaten mit Ministänden feil halten, vergrößert sich die Zahl der Anbieter leider zu Lasten der Sortimentsbreite und der Konversation. Mit Deutsch kommt man immer weniger weit, und das Englisch aus fernöstlichem Munde will verstanden werden.
Wäre nicht der Großhandel, wie Alberts, AKAH und Hofmann, mit den vertretenen Marken dort gewesen, sähe es für den jagdlichen Berichterstatter ziemlich duster aus. Es sei denn, er würde sich vorrangig auf die Thermaloptik stürzen. Von der gab es mehr als genug. Einige Aussteller, die ich jahrzehntelang auf der IWA besuchte, traf ich nicht als Anbieter, sondern als Kunden wieder. Und nicht wenige der Verbliebenen machten ihrem Unmut Luft und beteuerten, dass sie zum letzten Mal Zeit und Geld in einen IWA-Messestand investiert hätten. Das sollte die Veranstalter der „Weltleitmesse für Jagd und Sportindustrie“ nachdenklich stimmen.
Auf dem Sektor Jagdwaffen gab es mit der Dentler „DR 21“ nur einen Knüller zu sehen, und der wurde bereits in Dortmund präsentiert. An Neuheiten im Detail sowie Modifikationen mangelte es indes nicht. Konnte der Besucher vormals regelrecht in Blickfängen baden und sich an Handwerkskunst weiden, hielten diesmal nur 2 Ferlacher die Fahne hoch: Scheiring mit einem bezaubernd schlanken Vierling im Kaliber 8 x 57 IRS, Anson-System sowie Unterhebelverschluss und Borovnik mit einem Querflintendrilling. Das teuerste Exponat der IWA stellte diesmal Krieghoff. Für die „K 80“-Jahreswaffe 2024 – in exquisiter Ausstattung – werden 150 000 US $ aufgerufen. Die Ulmer bieten nunmehr auch eine DLC-Beschichtung für ihre Bockflinten an, desgleichen Kantlauf und Ejektor für die Kipplaufbüchse „Hubertus“. Berettas „DT 11 Sporting Black DLC“ (12 500 €), „687 Silver Pigeon 5“ (4 700 €), „Ultraleggero“ mit Kick-off und variablem Schaft, ihres Zeichens leichteste Bockflinte der Welt mit Stahlbasküle (3 200 €) sowie die „686 Silver Pigeon“ (2 950 €) durften am IWA-Vortag im Ulmer MSZ ausgiebig getestet werden. Ebenso die Repetierbüchsen „BRX 1 Orange Wild Boar“ im Kaliber .30-06 (1 850 €) sowie die Geschwister „Synthetik oliv“ (2 034 €) und „Western Hunting“ mit carbonummanteltem 19-mm-Lauf im Kaliber .300 Win. Mag. (2 076 €). Wie nicht anders zu erwarten, waren die Flinten in ihrem Preissegment top. Die kriechenden Abzüge der Büchsen indes überzeugten beim Schießen auf 100 und 300 m weniger.
Benellis „Lupo HPR“, „B.E.S.T“ beschichtet, mit Feinabzug sowie kanneliertem 61-cm-Lauf im Kaliber .308 Win. ausgestattet, ist hingegen ein Aushängeschild für die Beretta Konzerntochter. Zolis Bockflinte „Gladiator“ auf der Basis der „XL EVO“ sieht nach mehr aus, als sie kostet (< 10 000 €), und macht durch eine wirklich attraktive Lasergravur sowie hochwertiges Schaftholz auf sich aufmerksam. Browning beschreitet mit dem Schichtholzschaft der „B 525 Ultra XS Black“ einen neuen Weg. Ob der beim Kunden ankommt?
Preisbewusste Damen trachtet Waimex mit der Akkar „Churchill 206 E Lady Select Grade“ zum Preis von 1 107 € zu saturieren und mit der HOWA „Superlite“ in den Kalibern 6,5 mm Creedmoor sowie .308 Win. Jäger, denen eine Repetierbüchse nicht leicht genug sein kann. Gerade mal 2 000 g Waffengewicht resultieren u. a. aus dem Karbonschaft. Mädels aufgepasst: Jakeles „J 1 Lady“ misst mit ihrem 44-cm-Lauf im Kaliber .308 Win. ganze 85 cm und ist mit Schalldämpfer extrem führig und leicht zu tragen.
Karbonschaft und plasmanitrierter 51-cm-Lauf begrenzen das Gewicht der RÖWA „Signature Carbon“ auf 2 500 g, auch gibt es am trockenen 800-g-Abzug nichts zu meckern. Steyrs „Mononbloc Compact“ mit 47 cm kurzem .308-Win.-Lauf und dem Flexmount für Rotpunktvisiere, das am Kimmensattel montiert werden kann, soll die mit orangen Ledereinlagen geschminkte Österreicherin zur perfekten Drückjagdbüchse küren. Mit der „Gams“ präsentiert die Traditionsfirma eine schnittige, kurze Hochgebirgswaffe (102,3 cm) in 5 Kalibern (.223 Rem, .243 Win., 6,5 mm Creedmoor, .308 Win., 7 mm – 08 Rem.). Aufgrund ihres Karbonschaftes mit verstellbarer Backe bringt sie 2,4 kg auf die Waage.
200 g mehr wiegt die Savage „110 Ultralite Elite“ mit rostträgem Proof-Research-Lauf im Karbonmantel mit wegklappbarem Chassis-Schaft aus Magnesium kombiniert mit Kohlefaser. Bergaras „Crest Carbon“ mit karbonummanteltem Matchlauf und Matchabzug überschreitet die 3-kg-Marke um 100 g. Sabattis „Rover Pathfinder“ mit Polymer-Schaft in Camouflage und geflutetem Lauf bleibt knapp darunter. Gediegen, gefällig und alles andere als leicht präsentierte sich Cosmis „Chilometro“ im Kaliber .308 Win. als 1. Repetierbüchse aus der legendären Selbstladeflinten-Manufaktur. Sabattis „Rover Varmint Syn“ und noch mehr Haenels „LR/One“ gehören hingegen eher in die Rubrik Präzisionswerkzeuge für Long-Range-Schützen.
Wird die Ende 2024 verfügbare .22 ARC von Hornady zum neuen Stern am .22er-Firmament? Äußerst kompakt in der Hülse, mit langen, windschnittigen Geschossen „ELD VT“ (4,09 g), „ELD Match“ (4,99 g und 5,7 g) laboriert, soll sie die Leistung der .22-250 Rem. erbringen. Brenneke bietet sowohl das „TOG“ (9 g) als auch das bleifreie „TAG“ (8,4 g) im Kaliber 6,5 Creedmoor an. Für den Einsatz im Schießkino offeriert RWS nunmehr die „Cineshot“ bleifrei mit Zinkgeschoss und Tombak plattiertem Flussstahlmantel in den .30er-Kalibern sowie 7 x 64, 8 x 57 IS und 9,3 x 62. Desgleichen die „Driven Hunt“ in 8 x 57 IS/IRS und 9,3 x 62. „Short Rifles“ gibt es für .308 Win., .30-06 Spr.und 9,3 x 62, die „HIT“ in 6,5 Creedmoor, 6,5 x 55 SE und .243 Win. sowie die GECO „Star“ (8,4 g) für die .270 Win.
Steiners Produktoffensive startet mit dem „1 – 10 x 24“-Drückjagdglas. Ferner sieht sich das „Ranger S 4 – 16 x 44“ als das kürzeste Zielfernrohr seiner Klasse. Beide können mit dem neuen Thermalvorsatz „C 35“ bestückt werden. Die „eRanger 8 2 – 16 x 50“ und „3 – 24 x 56“ bergen einen Ballistikrechner. Dieser berechnet unter Einbeziehung der außenballistischen Faktoren die Treffpunktlage und korrespondiert mittels Bluetooth mit dem „Rangefinder LRF 10 x 42“. Dessen Messergebnisse lassen sich auf das Zielfernrohr übertragen und dort verarbeiten. Via Steiner „Impact Lokator“, digitalem Kompass und Steiner „Connect App“ lotst einen das Handy zum Anschuss bzw. zum Wild, sofern die letzte Messung dorthin korrekt vollzogen wurde. Neu bei GPO sind die „Rangeguides 3 200 8 x 40“ sowie „10 x 40“ mit einer Laser-Entfernungsmessung bis 3,2 km und einem Gewicht von 747 g/713 g. Ebenfalls taufrisch ist das 30 cm lange Zielfernorhr „Spectra 8 x 1,6 – 13 x 44 i G4 Fiber“ einschließlich optionaler ASV und Eignung für Vorsatzgeräte. Gleichen Vorteil beanspruchen auch das „Meta 3 – 18 x 42“ von Schmidt & Bender sowie die Modelle „1 – 6 x 24“, „2,5 – 15 x 50 PA“ und „4 – 4 x 56 PA“ von Meopta. Noblex' präsentierte ein Rotpunktvisier speziell für die Glock-Pistolen und ein „8 x 56“-Fernglas für den preisbewussten Ansitzjäger.
Für den unbefangenen Besucher wächst sich das Angebot an Thermalgeräten schier zur Hydra aus. Überall begegneten einem Hand- und Vorsatzgeräte mit und ohne Entfernungsmesser, solche mit Zieleinrichtung sowie binokulare Modelle. Daher nur ein kleiner Auszug: Das Wärmebildgerät vom Montagehersteller EAW mit Metallgehäuse lässt sich 3-fach nutzen: als Hand- und Vorsatzgerät sowie nach Upgrade durch den Hersteller und sofern freigegeben auch als eigenes Zielgerät. Das binokulare „5,5 – 22 x 60“ Thermal-Fernglas „Habrok 4K“ von Hikmicro kombiniert Tag- und Nachtsicht mit Entfernungsmessung. Leicas Wärmebildgerät „Calonox“ gibt es nun mit Rangefinder. InfiRay trumpft mit dem „MAL 50 R“ auf, einem Vorsatzgerät mit integriertem Ballistikrechner, Entfernungsmesser und abnehmbarer Fernbedienung. Die „Iris“-Modelle „IL 19“ sowie „IL 35“ wiederum beschränken sich als Einstiegsgeräte auf die Primärfunktion der Beobachtung und kosten nur 1 099 € bzw. 1 499 €.
Präsentiert wurde auf einem chinesischen Stand ein Feuerleitsystem, bei dem eine Büchse mit Entfernungsmesser, Thermaloptik, diversen Zusatzgeräten auf einer 360° drehbaren Lafette in ständiger Auf- und Abwärtsbewegung kreist und per Handy bedient wird. So pervertiert HighTec!
Pfiffig dagegen: Jakeles Clip-Etui für 2 Patronen. Einfach unter der Montageschiene des Zielfernrohres durchschieben und auf der anderen Seite festclipsen. Und nützlich: AKAHs Schalldämpferhalter sowie die Quick-Mount von „Stille im Wald“, die es ermöglicht, den Schalldämpfer mit einer Handumdrehung auf- und abzusetzen. Nicht zu vergessen Niggelohs Neuheiten, wie Hundegeschirr, Leckerli-Beutel und aufrollbare Gewehrriemen. Und hoffentlich wirkungsvoll: „Origitar“, ein Buchenholzteer von AKAH für Rot- und Schwarzwild.
Autor: Wolfram Osgyan