Praxis
Räuchern macht glücklich
Wer selbstgefangene Fische selbst vergoldet, hat etwas Arbeit und riecht vielleicht sogar ein wenig nach Rauch. Aber er bekommt dafür auch weit mehr als nur eine leckere Mahlzeit.
Bild: Lock
Na klar, wir räuchern, weil das Ergeb-nis gut schmeckt. Doch je länger ich über meine Motivation nachdenke, mir für ein paar Fische einen ganzen Vormittag Zeit zu nehmen und sogar einzig für diesen Zweck in stundenlanger Arbeit einen Ofen zu bauen, desto ausführlicher wird meine Antwort. Wollte ich lediglich den guten Geschmack genießen, würde es reichen, geräucherten Fisch zu kaufen - vom Aufwand her wäre das ganz gewiss ökonomischer. Für mich ist Räuchern viel mehr.
Ich denke gerade an einen feinen Aal-Räuchergang. Abends wird die Lake angerührt, morgens hacke ich Holz und feure den Ofen an. Nach einem gemütlichen Frühstück geht es dann los: Die Temperatur wird mit ein paar Holzschnitzeln noch einmal kurz hochgefahren, dann kommen Fische in den Ofen. Im idealen Fall gesellt sich noch der eine und andere Angelkumpel zu mir, und so sitzt man schließlich in gemütlicher Runde am Ofen. Im Qualm des Buchenholzes lassen wir die vergangenen Aalnächte Revue passieren, und es wird natürlich heftig gefachsimpelt. Wenn ich dann nach zwei Stunden die Aale zum Abkühlen aus dem Ofen hole, fühle ich mich wie nach einem Kurzurlaub. Genau wie beim Angeln kann ich auch beim Räuchern den hektischen Alltag für ein paar Stunden hinter mir lassen - Erholung pur!
Ich verbinde mit Räuchern: draußen sein, mit Holz rumkokeln, Freunde treffen, eigene Ideen umsetzen, Entspannung und natürlich die Freude, wohlschmeckenden Fisch genießen zu dürfen. Da ist es dann auch nebensächlich, wenn von dem halben Dutzend Aale lediglich ein halber Fisch für mich übrigbleibt, weil Freunde und Verwandte ebenso gern klassischen Räucheraal mögen. Kurz und knapp: Genau diese Mischung macht’s!
❱ Was ist Räuchern überhaupt?
Das Lexikon der „Zeit“ definiert Räuchern als „ein Verfahren zur Konservierung von Fleisch, Fisch und Wurstwaren und anderen Lebensmitteln, die vorher einer Salzbehandlung unterzogen werden, durch Einwirken von Rauch aus schwelenden Hölzern (meist Laubhölzer). Die Lebensmittel trocknen von der Oberfläche her aus (…), gleichzeitig dringen bakterizid beziehungsweise bakteriostatisch wirkende (unter anderem Ameisensäure, Acetaldehyd, Phenole) ein und bilden Geschmacksstoffe.“ Neben dem Trocknen und Salzen ist Räuchern eine der ältesten Methoden, Lebensmittel über einen längeren Zeitraum haltbar zu machen. Mehr noch: Der vergoldete Fisch wird nicht nur haltbar und aromatisch, die Vitamine und Mineralstoffe bleiben mit einem hohen Anteil erhalten.
Insgesamt gibt es drei gängige Räuchermethoden: Kalträuchern, Warmräuchern und Heißräuchern. Für uns Fischfans sind Kalt- und Heißräuchern die gängigsten Varianten.
Kalträuchern erfolgt bei Temperaturen zwischen zehn und 25 Grad und ist manchmal ein tagelanger Prozess.Noch vor nicht allzu langer Zeit gehörte das (Kalt-)Räuchern von Schinken und Wurst zum Tagesgeschäft in den Haushalten. Teilweise räucherten noch unsere Großeltern in eigens dafür angelegten Kaminabschnitten ihrer Häuser. Die zu räuchernde Ware wurde dann einfach in den abgekühlten Rauch des mit Holz befeuerten Ofens gehängt. Mit dem Einzug von Kühlschrank und Frostfach Mitte des letzten Jahrhunderts verlor diese Methode der Haltbarmachung an Notwendigkeit und damit auch an Bedeutung.
Zurzeit erlebt die Veredelung mit Rauch eine Renaissance. In Fernsehstudios räuchern junge Kochprofis Lachs-filets im Bräter, die „Wochenend-Grillfraktion“ beschäftigt sich intensiv mit dem aus den USA hinüber geschwappten „Smoken“ zum Barbecue, und inmitten der aufblühenden Räucherszene stehen wir Fischräucherfrauen und -männer an unseren Tonnen.
Zwar ist kaltgeräucherter Lachs, egal ob selbst oder industriell gefertigt, nach wie vor eine Delikatesse, doch im Hob-by-Bereich wird vorwiegend heißgeräuchert. Der zuvor gesalzene Fisch wird zwischen 70 und 110 Grad gegart und danach, beziehungsweise währenddessen, mit Rauch behandelt.
Letztlich ist der besondere Geschmack dafür verantwortlich, dass Räuchern immer mehr Freunde findet. Mit den richtigen Mitteln und Methoden erzeugt, ist Rauch für diesen Zweck eine geniale Komposition der Natur: Wussten Sie, dass Rauch über 200(!) bisher bekannte Stoffe beinhaltet? Die Liste der Inhaltsstoffe von Rauch ist lang, sie reicht von Konservierungsstoffen über diverse Aromen und Geschmacksträger bis hin zu protein-verändernden Substanzen. Der Fisch wird durch die Einwirkung des Rauchs hinsichtlich Optik, Geruch und Geschmack veredelt. Doch da wie immer im Leben nichts ohne Nebenwirkungen wirkt, soll an dieser Stelle natürlich nicht verschwiegen werden, dass sich zu den „guten“ auch „böse“ Stoffe gesellen können. Aber keine Angst, unter Beachtung von ein paar Grundregeln ist geräuch-erter Fisch ein bekömmliches und gesundes Nahrungsmittel.
Autor: Lock