Wildkühlung
Ganz, nackig oder im Vakuum?
Nach dem Schuss beginnt der Weg zum Lebensmittel. Wir vergleichen die drei grundsätzlichen Arten der Wildkühlung miteinander.
Bild: Peter Diekmann
Wild in der Decke reifen lassen
Der Klassiker. Sicherlich wird diese Art der Wildkühlung von der Mehrzahl der Jäger praktiziert. Das oder die Stück/e werden nach dem Erlegen sauber aufgebrochen, ausgespült und in die Kühlzelle gehängt. Nach der Fleischreifung wird das Stück aus der Decke geschlagen und anschließend zerwirkt sowie einvakuumiert.
Durch das in-der-Decke-lassen vertrocknet nur ein minimaler Fleischanteil, wurde zudem geringelt ist der Verlust völlig irrelevant. Außerdem ist der Aufwand direkt nach dem Erlegen minimiert. Besonders praktisch ist dies, wenn das Stück spät abends erlegt wurde und der Jäger gerne in die Federn möchte. Zu bedenken ist allerdings, dass die zunächst eingesparte Zeit dann in den nächsten Schritten wieder oben drauf kommt. Die Decke ist die natürlichste „Verpackung“ für das Wildbret. Wo sie ist, kommen wenig Keime hin. Allerdings hält sie viel Feuchtigkeit, was sich wiederum negativ auf die Keimentwicklung auswirkt. Wer Wild im Ganzen verkaufen möchte, wird es in der Decke belassen. Zum einen aus rechtlichen Gründen. Zum anderen zwecks der einfachen Abrechnung.
• geringer unmittelbarer Aufwand
• kein Antrocknen des Fleisches
• einfacher Verkauf ganzer Stücke
Nachteile:
• höherer Aufwand beim aus-der- Decke-schlagen
• Insekten bleiben während Reifung am Wild
Wild ohne Decke
Diese Methode wird von jagenden Metzgern besonders häufig angewendet. Kein Wunder, schließlich wandert in der professionellen Fleischverarbeitung grundsätzlich alles „nackig“ in die Kühlung. Das Prinzip ist einleuchtend: Die Decke des Wildes beherbergt jede Menge Mikroben sowie Dreck, der durch das Bergen hineingelangt ist. Das soll aus dem Kühlhaus ferngehalten werden. Auch die Zerstörung durch den Schuss kann direkt begutachtet, Hämatome großzügig weggeschärft werden. Das Wild kommt damit einfach sauberer in die Kühlung. Auch das aus-der-Decke-schlagen bzw. Abschwarten eines frisch erlegten Stücks macht regelrecht Spaß, so einfach geht es von der Hand. Die Oberfläche des Wildes trocknet während der Reifung, es bildet sich eine feste, pergamentartige Oberfläche. Dieses trockene Gewebe macht es Keimen maximal schwer, sich zu vermehren. Doch was für den Metzger funktioniert, muss nicht der richtige Weg für den Jäger sein. Das Schlachtvieh ist im Vergleich zum deutschen Durchschittsreh geradezu riesig. Trocknet hier eine oberflächliche Schicht Fleisch an, ist der Verlust relativ gesehen ungleich geringer. Viele Jäger berichten, dass vor allem beim Rehwild zu viel wertvolles Wildbret durch diese Methode verloren geht. Außerdem muss die trockene Oberfläche in einem weiteren Arbeitsschritt entfernt werden.
Weiterhin unterscheiden sich professionelle Kühlungen in den meisten Fällen von denen in Wildkammern. Sie regulieren die Feuchtigkeit sehr genau und sind auf diese Art der Fleischreifung ausgelegt.
Vorteile:
• keine Zecken/Insekten in der Kühlung
• warmes Wild lässt sich leichter aus der Decke schlagen
• direktes Entfernen von Hämatomen möglich
Nachteile:
• Fleischverlust durch oberflächliches Trocknen
• Trockenstellen müssen entfernt werden
Reifen im Vakuum
Viele Jäger haben diese Methode nicht unbedingt auf dem Radar, doch in gewissen Situationen ist sie ganz weit vorne. Vor allem wenn ein einzelnes schwaches Stück Wild erlegt wurde, hängt es in größeren Kühlräumen ziemlich einsam. Der Energieaufwand zum Kühlen eines größeren Raumes ist auch bei modernen Systemen nicht unerheblich. Es bietet sich daher an, das Wild direkt nach dem Aufbrechen aus der Decke zu schlagen, so zu zerwirken, wie man es weiter nutzen möchte und auch so einzuvakuumieren. Die große Kühlung kann dann aus bleiben, ein zerwirktes Reh passt locker in einen normalen Kühlschrank. Dort kann das Fleisch im Vakuumbeutel einige Tage reifen, bevor es eingefroren wird. Sämtliche Vorteile der Methode „ohne Decke“, wie einfaches Abziehen, sind auch hier vorhanden. Darüber hinaus ist aber alles in einem Schritt erledigt. Der Jäger muss nicht noch einmal ins Kühlhaus. Zudem können Aufbruch und Zerwirkreste in einem Rutsch entsorgt werden. Absolut praktisch. Ein Fleischverlust durch Trocknen findet nicht statt. Diese Methode eignet sich weniger für große Strecken. Im Sommer (nach z.B. Erntejagden) überhaupt nicht, die letzten zu verarbeitenden Stücke würden dann zu lange im Warmen hängen. Und auch wenn es kalt genug ist, kommt die „einmal hin – alles drin“-Methode bei mehreren Stück Wild an die Grenze des Machbaren, vor allem alleine. Der Aufwand ist hier logischerweise am größten, es wird ja alle Arbeit sofort erledigt. Dennoch, oft genug fällt bei einem Ansitz eben nur ein Stück. Dann ist diese Methode absolut zu empfehlen, falls nach der Jagd noch genügend Zeit ist. Für den Stromverbrauch ist es in jedem Fall optimal, der Haushaltskühlschrank läuft ohnehin.
• in einem alles erledigt
• in kleinem Kühlschrank möglich
• kein Verlust durch Trocknen
• sämtlicher Abfall kann in einem Schritt entsorgt werden
Nachteile:
• weniger geeignet für große Strecken
• höchster Initialaufwand
Direkt einvakuumiert reift das Fleisch. Es wurde sogar teilweise bereits verfeinert (Bild: Henrik Elbers)
Autor: Moritz Englert