Große Flüsse beherbergen große Brassen. Die aus der Elbe hat sich David Böttcher vom Feeder-Experten Robert Naumann zeigen und sich in die Geheimnisse ihres gezielten Fanges einweihen lassen.
Von wegen vorsichtiger Biss mit einem leichten Zucken an der Feederspitze! Wie beim Karpfenangeln gibt es aus dem Nichts einen ,,Fullrun“ mit kreischendem Freilauf und bis zum Anschlag durchgebogener Feederrute auf der Ablage. Während ich etwas ungläubig zur Rute haste, hat Lokalmatador Robert nur ein müdes Lächeln für mich über: ,,Das ist hier Standard!“, lässt er mich wissen.
So sehen sie aus, die dicken Distanzbrassen aus der Elbe. (Bild: David Böttcher)
Dass der Plan so gut aufgeht, hatte ich vorher nicht unbedingt erwartet. Natürlich ist mir klar, dass die Elbe, wie beinahe alle anderen Ströme, viele große Friedfische beherbergt. Dass man sie so einfach gezielt und selektiv fangen kann, war mir aber vorher gar nicht bewusst. Zunächst ging es für uns an die Auswahl der richtigen Stelle. Die Platzwahl ist das absolut Wichtigste beim Flussangeln, denn sitzt man an der falschen Ecke, geht man oftmals komplett leer aus.
Manchmal muss man ein Stück wandern, um den idealen Platz zu finden. (Bild: David Böttcher)
An der Rinne
Entscheidend ist hier, dass man in Wurfweite der Fahrrinne kommt, denn an der Kante zu dieser Rinne halten sich die großen Fische auf. Kleinere Friedfische scheinen diesen Standort eher zu meiden, da sie den Kräften der Strömung und der Gefahr der dort lauernden Räuber nicht gewachsen sind. Trotzdem gibt es hier eine Menge natürlicher Nahrung, die die Rüssler gerne einsaugen. Je nach Flussverlauf, verläuft die Rinne nicht unbedingt in der Mitte, sondern auch mal etwas versetzt. Gerade dort, wo Kurven oder andere Strukturen vorkommen, gelangt man vom Ufer oft mit einem kräftigen Wurf direkt dran. Buhnen sind natürlich auch ein schöner, verlängerter Arm für uns Angler. Sehr oft ist die Fahrrinne durch große grüne und rote Tonnen gekennzeichnet. Finden wir eine solche Markierung in Wurfweite, haben wir praktischerweise direkt eine Orientierung, an der wir unseren Platz beim Wurf immer wiederfinden. Ein paar Meter Sicherheitsabstand sollten es aufgrund der großen Ankerkette allerdings lieber sein.
Weit hinaus! Robert lässt den Korb in Richtung Fahrrinne fliegen. (Bild: David Böttcher)
Präzise ausloten
Wenn die Rinne aufgrund fehlender Markierungen nicht auf den ersten Blick zu finden ist, müssen wir wohl oder übel zum Lot greifen. Ich habe mir dafür ein Wurfecholot angeschafft, denn damit klappt das punktgenau, schnell und komfortabel. Mit einer alten Pilkrute feuere ich die Echolot-Kugel weit hinaus, und die App wirft mir das Echolotbild direkt aufs Handy. Man kann sich da- mit sogar parallel eine Seekarte erstellen, ganz nebenbei ein tolles Winterhobby. Wer keine Lust auf technische Spielereien hat, kann natürlich auch traditionell ausloten. Mit einem dicken Karpfenblei und Lotpose klappt es auch, schließlich ist die Fahrrinne meistens einige Meter tiefer und damit ganz eindeutig auszumachen. Wer keine erreichbare Fahrrinne auffindet, kann sich natürlich auch einen anderen Platz suchen. Hafeneinfahrten, Kraftwerke, Kanalmündungen und Buhnenkessel können ebenfalls sehr produktiv sein.
Wenn die Kante oder Fahrrinne nicht offensichtlich zu sehen ist, hilft ein Wurfecholot beim Auffinden der richtigen Stelle. (Bild: David Böttcher)
Eine Nummer schwerer
Bei der Zusammenstellung des Gerätes müssen wir etwas gröber vorgehen. Strom kommt schließlich von Strömung, und die Distanz, auf der wir fischen, kann im Ernstfall schon mal ein paar Duzend Meter betragen. Ich benutze gerne lange Feederruten ab mindestens 3,30 Metern aufwärts, die ruhig ein Wurfgewicht um die 100 Gramm haben dürfen. Ein prall gefüllter Futterkorb von 30 oder sogar 50 Gramm Eigengewicht (plus Futter) sollte problemlos zu werfen sein. Am liebsten ist mir dazu eine Freilaufrolle, denn rabiate Bisse können somit nicht in einer Katastrophe in Form einer ins Wasser gezogenen Rute enden. Karpfen & Co. sind schließlich auch an diesen Plätzen unterwegs. Auch wenn uns eine gute geflochtene Schnur Vorteile gegenüber dem Strömungsdruck bringt, setze ich beim Feedern immer auf Monofil. Steine und Muscheln machen mit Geflecht leider direkt kurzen Prozess, wenn man damit in Berührung kommt.
Die Ruten liegen sicher, die Körbe wurden direkt neben der Tonne platziert. (Bild: David Böttcher)
Boom oder Schlaufe
Die Montage des Korbes kann dann entweder über eine Schlaufe oder über einen Running Boom erfolgen. Die Brassen haken sich bei dem Gewicht des Feeders ohnehin selbst. Ein nadelscharfer Haken und ein etwas kürzeres Vorfach begünstigen diesen Effekt übrigens noch. Um die Bisse gut zu erkennen, sollten wir die Rute hoch, oder - bei wenig Wind und Strömung - alternativ auch parallel zum Wasser stellen. Eine gute Rutenablage gibt uns hier alle Möglichkeiten zum Variieren. Ein klassischer Rutenständer reicht zur Not aber ebenso aus.
Auch David darf mal drillen. Ein langer Kescher hilft sehr beim Landen über der Steinpackung. (Bild: David Böttcher)
Auf den Luxus eines sehr langen Friedfischkeschers möchte ich nicht mehr verzichten. Zu oft bin ich auf der rutschigen Steinpackung herumgeklettert, um die Fische mit herkömmlichen Klappkeschern einzusacken. Die langen Ruten vereinfachen dies nicht gerade. Doch ein mehrere Meter langer Kescherstiel mit rundem Kopf macht die Sache ungemein komfortabel und sicher. Aussteiger im letzten Moment werden durch dieses Utensil ebenfalls seltener. Wer direkt auf der Steinpackung sitzt, kann auch über eine einfache Abhakmatte nachdenken, im Bundesland Hamburg ist diese mittlerweile sogar Pflicht.
Futter und Köder
Einige Friedfischangler machen eine richtige Wissenschaft aus dem richtigen Anmischen des Futters. Nicht ganz zu Unrecht, denn auch hier kann man leider vieles falsch machen. Hochgradig kompliziert muss es aber dann doch nicht werden. Robert hat stets grobes Feederfutter aus der Tüte im Gepäck, welches er mit Flusswasser aus der PET-Flasche vorsichtig anmischt. Man sollte darauf achten, dass es gerade so zu Ballen formbar ist und ganz leicht zusammenklebt. Bloß nicht zu viel Wasser. Entscheidend ist, dass das Futter beim Wurf im Korb bleibt, sich jedoch dann am Grund schnell löst und verteilt. Ein Balanceakt, der ein wenig Übung erfordern kann. Sparfüchse können das Fertigprodukt aus dem Handel noch mit preiswertem Paniermehl strecken, somit hat man länger was davon. Dem Fangerfolg tut es keinen Abbruch. Bei kaltem Wasser gerne noch etwas Kakaopulver dazu, um die Mischung abzudunkeln. Die genaue Geschmacksrichtung ist nicht ganz so wichtig, Hauptsache süß!
Prallgefüllter Korb: Beim Brassenangeln darf es ruhig etwas grobkörniger sein. (Bild: David Böttcher)
Als Köder sind Maden und Rotwürmer Trumpf. Ab und zu landet dann auch mal ein schöner Aal im Kescher. Wer doch mit zu viel Kleinfisch oder Grundeln zu kämpfen hat, kann einfach auf Dosenmais wechseln. Ist der Korb befüllt, fliegt er einige Meter über den anvisierten Angelplatz hinaus und wird an gespannter Schnur sanft auf dem Flussgrund abgelegt. Robert hängt zunächst das Vorfach aus und füttert einige Korbladungen vor. Wenn die Fische aktiv sind, dauert es nicht lange, bis die Spitze mächtig zuckt. Trotz der Selbsthakmontage kann ein leichter Anhieb nicht schaden, um den Fisch sicher zu haken. Diese Methode funktioniert übrigens genauso das ganze Jahr über. Auch im tiefsten Winter sind Strombrassen noch halbwegs aktiv. Zwar ziehen einige Fische gerne in die Hafenbecken und fressen allgemein weniger als im Sommer, trotzdem klappt es aber mit etwas Geduld meistens noch ganz gut. Das einzige, was uns einen richtigen Strich durch die Rechnung machen kann, ist ein ordentliches Hochwasser im Frühjahr. Wenn die Distanz vom Ufer zur Fahrrinne zu groß wird und sich die Brassen zudem noch an den überfluteten Wiesen laben, müssen wir die Standortsuche neu beginnen und flacher fischen.
Ein Schiff fährt vorbei: Jetzt ist die Chance auf einen Biss besonders hoch. (Bild: David Böttcher)
Einfach überall
Das Schöne am Stromfeedern: Es funktioniert überall! Auch wenn wir hier die niedersächsische Elbe als Beispiel nehmen, kann man an jedem größeren Fluss genauso fischen. Egal ob Rhein, Weser, Neckar, Oder oder Mosel, große Brassen ticken fast überall ähnlich. Die Palette an Beifängen ändert sich natürlich je nach Region und Gewässer etwas. Während wir hierzulande regelmäßig Döbel und Aale fangen, beißt weiter südlich öfters mal eine Barbe oder ein Schuppenkarpfen. Generell ist natürlich beim Naturköderangeln überall alles möglich. Das ist übrigens ein weiterer Faktor, warum das Flussangeln mit Korb einfach nur Spaß macht. Man weiß nie genau, was kommt. Auch der Zeitaufwand hält sich in Grenzen. Meine Feederausrüstung habe ich in einem eigenen Rutenfutteral verstaut. So kann ich einfach spontan meinen Stuhl, Futtereimer und Futteral in mein Auto werfen und losfahren. Passende Köder gibt‘s im Komposthaufen oder zur Not im Supermarkt. Früher habe ich das Feedern eher zur Überbrückung der Schonzeit betrieben, mittlerweile gehört es aber wieder das ganze Jahr über zu meinen Lieblingsmethoden.
Da ist der Schleimer, ein golden schimmernder Großbrassen. (Bild: David Böttcher)
Geräte-Check
Rute: Schwere und lange Feederruten, zum Beispiel Angel Berger Combat Feeder 330 mit bis zu 120 g Wurfgewicht
Rolle: Mittlere Freilaufrollen, zum Beispiel Shimano Baitrunner 4.000 ST FB
Schnur: Stabile Monofile, zum Beispiel Pro Line x-treme in 0,25 mm Durchmesser
Kleinteile: Offene Futterkörbe von 30 bis 50 g, scharfe 10er- und 12er-Vorfachhaken, Wirbel und Perlen, Anti-Tangle- Tubes, klassischer Hakenlöser
Sonstiges: Stabile Rutenablage oder Rutenständer, langer Kescher, genug Grundfutter, Naturköder, Sitzgelegenheit, gegebenenfalls Abhakmatte