Praxis Schwerpunkt
Was sehen Zander eigentlich?
Die Farbpalette der Kunstköder ist ziemlich bunt, aber fängt diese Auswahl nur den Angler im Geschäft oder tatsächlich den Fisch? Birger Domeyer klärt auf, was Zander unter Wasser überhaupt erkennen können.
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Das Zanderauge hat eine kleine Besonderheit, von der die meisten schon gehört haben: Es besitzt eine reflektierende Zellschicht auf der Netzhaut, das Tapetum lucidum. Diese sieht man, wenn man mit einer Lampe in das Zanderauge leuchtet oder ein Foto mit Blitz schießt: Das Auge erscheint weiß. Was man da sieht, ist das Licht, das man ins Zanderauge bringt: Es wird schlicht reflektiert. Jeder Lichtstrahl, der also ins Zanderauge fällt, passiert zunächst die Sehzellen, wird reflektiert und noch einmal durch die Sehzellen geleitet. Damit erhöhen Zander also die Lichtmenge, die auf die Sehzellen trifft, was ihnen ermöglicht, auch in sehr düsteren Umgebungen noch Silhouetten wahrzunehmen.
Eine gute Anpassung an das typische Jagdverhalten der Zander: Sie sind überwiegend nachtaktiv. Dieses doppelte Durchströmen der Sehzellen mit Licht hat aber auch einen Nachteil: Es kostet Schärfe. Zander können also Objekte bei Weitem nicht so scharf sehen, wie es Hechte oder Barsche können. Das ist für das Farbsehen erstmal weniger wichtig, aber als Angler eine gute Information, wenn man sich immer noch Gedanken über Vorfächer macht: Zander können Schnüre nur sehr schlecht sehen, weil sie insgesamt sehr dünn sind, dafür reicht die Sehschärfe nicht. Schon gar nicht auf Distanz, also auf mehreren Metern Entfernung. Wer also immer noch Bauchschmerzen mit dünnen Stahlvorfächern beim Zanderangeln hat: Zander erkennen diese gar nicht oder zumindest nicht gut. Die Benutzung wird an der Bissfrequenz nichts ändern, an der Häufigkeit verlorener Hechte durch Abbisse sehr wohl.
Alles grün?
Um Farben konkret erkennen zu können, braucht das Auge Farbsehzellen, die sich von den Hell-Dunkel-Sehzellen in der Anatomie und Häufigkeit unterscheiden. Um es einfach zu halten: Zander haben beides, können also sehr gut Farben erkennen. Diese Fähigkeit ist auch wichtig für den Zander, denn damit kann er Objekte in der meistens recht grünen Unterwasserwelt unterscheiden und erkennen. Die in der Regel durch Algenblüte grün eingefärbte Wassersäule spielt dabei eine entscheidende Rolle. Zander haben zwei sehr ausgeprägte Farbbereiche, in denen ihre Farbsehzellen am meisten ansprechen, die sind sogar mit Wellenlängenangaben bekannt. Das sind 530 und 605 Nanometer. Wer sich nicht mehr so ganz an den Physikunterricht erinnert: Das entspricht den Farben Grün und Orange. Warum nun ausgerechnet diese zwei Farbbereiche?Filtern ist gefragt
Wie schon erwähnt ist die komplette Unterwasserwelt grün, es ist also für den Zander wichtig, möglichst gut in diesem Farbbereich sehen zu können, um Objekte, die sich darin bewegen, in Feinheiten unterscheiden zu können. Die grünliche Tarnung eines Barsches hilft nur so lange, bis sich der Zander nähert und ihn von dem leicht anderen Grün der Pflanzen im Hintergrund unterscheidet. Die Komplementärfarbe Orange dient dabei als Kontrastmittel. Durch die sehr ausgeprägte Fähigkeit, Orangetöne erkennen zu können, schafft es der Zander, aus dem grünen „Einheitsbrei“ andere Objekte farblich besser herauszufiltern. Diese Eigenschaft scheint wichtig zu sein, denn den hohen Anteil der orange-sensitiven Farbsehzellen besitzen auch Hechte und Barsche. Für uns als Angler bedeutet das bei unserer Köderwahl also ganz klar: Grüntöne sind wichtig, auch in Nuancen verschiedene, denn die unterscheidet ein Zander sehr wohl. Orange, das gerne als Farbklecks auf Köderdesigns verwendet wird, kann helfen, unseren Köder aus der Masse der grünen Objekte für den Zander überhaupt erst erkenntlich zu machen.Greller mit Fluo-Effekt
Jetzt folgt das nächste Level der Farberkennung, die UV-aktiven Farben wie Chartreuse oder Fluo-Orange. Wie bisher gesehen, haben Zander keine spezifischen Sehzellen für UV-Licht, können dieses Spektrum also nicht erkennen. Das heißt aber nicht, dass die UV-Aktivität dieser Köder sinnlos ist. Der Effekt funktioniert nämlich etwas anders, als es viele erwarten. UV-aktive Köder verlieren bei wenig Licht nicht so schnell ihre Farbwirkung. Ein chartreuser Köder wirkt also in der Dämmerung oder in trübem Wasser länger grün als ein nicht UV-aktives grünes Design. Für den Zander ergibt sich also, dass ein chartreuser Gummifisch in der Dämmerung immer noch grün erscheint und dadurch von ihm auch aus einer größeren Distanz überhaupt wahrgenommen werden kann. Der nicht UV-aktive Shad verschwindet im grünen „Einheitsbrei“ unter schlechten Sichtverhältnissen, wenn er zu weit vom Fisch entfernt ist. Das Gleiche gilt natürlich für die Farbe Fluo-Orange, wobei diese vom Zander wahrscheinlich aus noch größerer Distanz erkannt wird, weil zum einen mehr Sehzellen für den Bereich Orange angelegt sind, zum anderen Orange generell eine starke Kontrastfarbe zur Umwelt darstellt.Und jetzt rechne man noch mit hinein, dass ja das Licht zwei Mal die Sehzellen des Zanders passiert, weil er eine reflektierende Schicht im Auge besitzt. Das gilt natürlich auch für farbiges Licht. Ein fluoreszent grüner oder noch besser fluoreszent orangefarbener Köder ist deshalb unter schlechten Sichtbedingungen über eine maximal große Distanz für den Zander erkennbar. Der Rest ist dann Statistik. Stellen Sie sich vor, Ihr Köder wird von Zandern aus etwa vier Metern Distanz wahrgenommen, weil er die ideale Farbe für das jeweilige Gewässer hat. Bei jedem Wurf scannt Ihr Köder also jeweils links und rechts vier Meter Wasserfläche ab, also einen insgesamt acht Meter breiten Streifen, in dem Zander auf das Angebot aufmerksam werden. Oder man wählt das falsche „Grün“ und die Zander finden den Köder erst, wenn er einen Meter oder dichter am Fisch vorbei geführt wird.
Eine passende Köderfarbe vervielfacht also schnell den Aufmerksamkeitsradius, man wird zwangsläufig mehr Bisse bekommen, wenn man gut wählt.
Und jetzt raten Sie mal, welchen Farbton wir bei unserer Sonderfarbe vom Easy-Shiner haben verarbeiten lassen? Genau, 605 Nanometer, also UV-aktives Orange. Halten Sie ruhig mal die UV-Lampe an den Köder, er wird orange erscheinen. Diesen Farbton erkennen Zander ganz genau, wenn das Licht abnimmt und die Zander grundsätzlich aktiv werden. Also im trüben Wasser oder in der Dämmerung.
Zu viel Farbe?
Was ist mit Schwarz?
Schwarz ist ja eigentlich keine Farbe, weil diese Oberfläche physikalisch gesehen alle farbigen Lichtstrahlen absorbiert und dadurch für uns schwarz wirkt. Trotzdem funktionieren schwarze Köder manchmal ganz gut. Das hat vor allem mit der starken Kontrastwirkung zu tun. Meiner Erfahrung nach reagieren Zander gut auf schwarze Köder in sandig angetrübten Baggerseen, in denen noch aktiv gearbeitet wird. Die vielen Sandpartikel bieten einen recht hellen Hintergrund, vor dem sich schwarze Köder gut absetzen und auch auf größere Distanz erkennbar sind. Im klaren Wasser dagegen hat Schwarz bei mir nie richtig gut funktioniert, auch grundnah gejiggt sind andere Farben meistens im Vorteil.
Autor: Birger Domeyer