07.08.2023
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12 Min

RF Praxis

Was hältst du von?

... Schockfarben im Klarwasser und Turnschuhen beim Uferangeln? Diese und acht weitere Fangfragen bewertet Veit Wilde auf einer Skala von 1 bis 10.Text & Fotos: Veit Wilde

Was hältst du von?

Bild: Veit Wilde

RAUBFISCH: 1. Was hältst du von dem Spruch, dass der frühe Vogel den Wurm fängt?
Veit Wilde: Ich bin bekennender Frühaufsteher und stehe unglaublich gerne früh morgens am Wasser. Das hängt auch damit zusammen, dass ich es liebe, beim Sonnenaufgang zu angeln und dabei auch schon viele gute Fische gefangen habe. Darüber hinaus sind die meisten Spots um diese Tageszeit noch nicht von anderen Anglern befischt worden. Gleichwohl würde ich nicht behaupten, dass der frühe Morgen zwangsläufig die beste Beißzeit des Tages ist. Es ist zweifelsfrei sehr häufig eine „heiße Phase“. Allerdings habe ich zum Beispiel in großen, trüben Flüssen oft auch schon in der Mittagshitze hervorragend gefangen.
 
RAUBFISCH: 2. Was hältst du von der These, dass Bootsangler generell bessere Fangchancen haben?
Veit Wilde: Gerade an größeren Stillgewässern sind Bootsangler zweifelsfrei im Vorteil. Sie kommen allein schon an Stellen ran, die man als Uferangler gar nicht erreicht, weil sie in zu großer Wurfdistanz liegen. Darüber hinaus gehen Spotwechsel per Boot häufig schneller. Und wenn dann noch hochmoderne Echolottechnik an Bord ist, liegt eine deutliche Überlegenheit vor. Stehen Raubfische sehr ufernah, können manchmal aber auch Angler bessere Fänge erzielen, die von Land aus fischen, da sie die entsprechenden Bereiche präziser und mit weniger Scheuchwirkung ausangeln können. Zu bedenken gebe ich auch, dass ein umfangreich ausgestattetes Angelboot erst einmal vernünftig bedient werden muss. Gerade pelagisches Angeln erfordert eine lange Einübung, bis man es perfekt beherrscht.

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Gerade in großen Seen fängt man mit einem Boot mehr. Das bedeutet aber nicht, dass man als Uferangler chancenlos ist, wie dieser herrliche Barsch beweist. (Bild: Veit Wilde)
 
RAUBFISCH: 3. Was hältst du von Kunstköder-Tuning?
Veit Wilde: Es gibt viele Möglichkeiten, seinen Kunstköder zu tunen. Dazu zählen beispielsweise farbige Stifte, mit denen Reizpunkte oder UV-Elemente auf Köder gemalt werden können. Auch diverse Pasten mit Lockstoffen oder bunte Drillinge fallen mir ein. Solche Effekte können durchaus den einen oder anderen Fisch mehr bringen, gerade wenn man selbst fest daran glaubt. Auf der anderen Seite gibt es mittlerweile Köder in allen möglichen Dekoren, mit Aromen und eben zum Teil auch mit den genannten, farbigen Drillingen. Somit ist ein Ködertuning oft gar nicht mehr notwendig.

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Der Musashi Slim Jigspinner ist bereits vom Hersteller mit UV-aktiven Drillingen ausgestattet worden, somit ist kein zusätzliches Tuning mehr notwendig. (Bild: Veit Wilde)
 
RAUBFISCH: 4. Was hältst du von Schockfarben im Klarwasser?
Veit Wilde: Beim Hechtangeln würde ich sogar empfehlen, es mit schockigen Köderfarben in klaren Gewässern zu probieren. Gerade Firetiger-Dekore haben mir unter diesen Bedingungen schon zahlreiche Hechte beschert. Das liegt daran, dass Hechte Aggressionsräuber sind, welche sich durch auffällige Farben oder eine besonders intensive Köderaktion oft zum Biss provozieren lassen. Beim Zander- und Barschangeln habe ich dagegen in der Regel bessere Erfahrungen gemacht, wenn in klaren Gewässern auch natürliche Dekore zum Einsatz kamen. Das trifft zumindest für das Fischen am Tag zu. Beim Nachtspinnfischen auf Zander nutze ich auch bei sichtigem Wasser gerne mal einen grellen Köder.

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Beim Hechtangeln setzt der Autor im klaren Wasser gerne auf grelle Köderfarben. (Bild: Veit Wilde)
 
RAUBFISCH: 5. Was hältst du von der Challenge-Welle?
Veit Wilde: Wettbewerbe im Raubfischangeln erfreuen sich größter Beliebtheit. Neben größeren Turnieren, wie diversen Bootsturnieren in den Niederlanden, Profi-Liga und YouTube Predator Cup, gibt es inzwischen auch zahlreiche kleinere Turniere, die von Angelshops oder Herstellern ausgetragen werden. So bekommen auch Angler, die keinen großen Sponsoren im Rücken haben, die Chance, mal an einem Wettkampf teilzunehmen. Schaut man genauer hin, zieht der Raubfischsektor jetzt aber bei einer Entwicklung nach, die es im Friedfischbereich schon vor Jahrzehnten gab, dann aber zumindest in Deutschland durch den Gesetzgeber abgewürgt wurde. Grundsätzlich glaube ich, dass die Beliebtheit der Turniere auch in den nächsten Jahren erhalten bleibt. Da diese aber hauptsächlich in den Niederlanden stattfinden, weil man sich damit in Deutschland auf rechtlich dünnem Eis bewegt, wird es spannend sein, zu sehen, wie unsere Nachbarn mittel- und langfristig mit den Folgen in Form von stark erhöhtem Angeldruck an den dortigen Gewässern umgehen werden.

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Veit Wilde nimmt bereits seit Jahren an Angelwettbewerben teil. Und das sehr erfolgreich: Unter anderem gelang es ihm, dreimal in Folge die Profi-Liga von FISCH & FANG zu gewinnen! (Bild: Veit Wilde)
 
RAUBFISCH: 6. Was hältst du von Gummiködern mit Aroma?
Veit Wilde: Eines vorweg: Ich persönlich glaube nicht daran, dass ein aromatisierter Gummiköder mehr Bisse bringt. Möglicherweise halten die Fische einen solchen Köder beim Nehmen einen Moment länger fest, doch auch dafür steht ein sicherer Beweis noch aus. Neben ab Werk geflavourten Ködern hatte ich auch schon Pasten im Einsatz, die man nachträglich auf den Köder aufbringen musste. Die Effekte hielten sich bei mir in Grenzen oder waren nicht feststellbar. Gleichwohl kenne ich einige Angler, die fest daran glauben, dass aromatisierte Gummis besser fangen. Solchen Kollegen würde ich empfehlen, daran auch festzuhalten, denn festes Vertrauen in den Köder ist immer gut. Genau für diese Angler werden fast alle meine Seika Pro-Gummiköder auch serienmäßig mit integriertem Knoblaucharoma ausgeliefert. Denn eines steht für mich auch fest: Schaden tun geflavourte Köder nicht!

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Dieser Zander ging auf einen Seika Pro Frequency-Shad, welcher serienmäßig mit Knoblaucharoma geflavourt ist. Dass der Fisch genau deswegen gebissen hat, bezweifelt der Autor allerdings. (Bild: Veit Wilde)
 
RAUBFISCH: 7. Was hältst du von den vielen Promi- Angler-Posts auf Instagram?
Veit Wilde: Mit über 30.000 Followern bei Instagram kann ich mich sicherlich auch zu den Anglern zählen, die auf dieser Plattform eine überdurchschnittlich große Reichweite haben. Dabei betreibe ich meinen Account übrigens komplett allein, verfasse also Beiträge, Kommentare und Nachrichten immer selbst. Das nimmt gar nicht so wenig Zeit in Anspruch und ist für mich darum auch Arbeitszeit. Immerhin sind soziale Medien heutzutage auch als Transportmittel für Werbung ein ganz wichtiger Bestandteil von gekonntem Marketing. Ich finde es positiv, dass mittlerweile so gut wie jeder ambitionierte Angler auch im Social Media aktiv ist. Das stärkt den Austausch in der Szene, setzt schneller neue Trends und vermittelt spannende Einblicke in Angeltage oder Produktentwicklung. Dass es bei alledem auch zu einer stärkeren Kommerzialisierung des Angelns kommt, ist richtig, aber nicht negativ. Immerhin sind es eben bekannte Angler und Hersteller, die neue Produkte erschaffen, von denen später auch die breite Masse profitieren kann. Über 30.000 Insta-Follower bedeuten eine Menge Arbeit, allerdings bringt der Austausch der Anglerschaft über Social Media auch viele Vorteile mit sich.

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Über 30.000 Insta-Follower bedeuten eine Menge Arbeit, allerdings bringt der Austausch der Anglerschaft über Social Media auch viele Vorteile mit sich. (Bild: Veit Wilde)
 
RAUBFISCH: 8. Was hältst du von Turnschuhen beim Ufer-Spinnfischen?
Veit Wilde: Dass sich das Bild des Anglers in der Öffentlichkeit kontinuierlich moderner gestaltet, ist eine gute Sache. Dazu gehört sicherlich auch, dass heute auf Fangfotos oftmals coole Klamotten getragen werden. Oder man sich durch aufgedruckte Logos als Fans einer bestimmten Marke bekennt. Ich persönlich kann aber nicht leugnen, dass ich bei Anglern, die mit weißen Turnschuhen am Wasser unterwegs sind, immer ein wenig schmunzeln muss. Wenn ich bedenke, wie oft ich als bekennender Gummistiefelträger schon durch nasse Wiesen, schlammiges Ufergelände oder über scharfkantige Steine gelaufen bin, gibt es aus meiner Sicht nichts, was zum Fischen schlechter geeignet ist, als helle Turnschuhe. Wenn sich jemand cooler fühlt, während er sich solche Treter am Wasser versaut, ist das natürlich sein Problem.

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Diese Gummistiefel hatte der Autor eine ganze Saison lang beim Angeln im Einsatz, trotzdem sind sie immer noch dicht. Wie hätten wohl weiße Turnschuhe nach dieser Zeit ausgesehen? (Bild: Veit Wilde)
 
RAUBFISCH: 9. Was hältst du von Spinnfischern, die oft den Platz wechseln und viel Strecke machen? 
Veit Wilde: Ob man beim Spinnfischen lange an einem Spot bleibt oder ihn häufig wechselt, hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie Gewässer, Jahreszeit, Zielfisch und Beschaffenheit des jeweiligen Spots. Ich habe auf beide Arten schon tolle Fänge erzielt. Tendenziell wechsle ich bei hohen Wassertemperaturen, die dafür sorgen, dass der Stoffwechsel der Fische auf Hochtouren läuft und sie somit mehr fressen, schneller die Stelle. Ich bin der Meinung, dass man unter diesen Umständen schnell einen Biss bekommt, wenn Räuber am Platz sind. Im Winter dagegen gebe ich meinen Spots häufig mehr Zeit, da man manchmal erst die Fressphasen abwarten muss. Dennoch sollte man bedenken, dass ein Spotwechsel auch motivierend sein kann, wenn länger nichts gebissen hat. Darüber hinaus bietet jeder neue Platz auch neue Fangchancen. Kurz gesagt, ist die Entscheidung, ob Ausangeln oder Wechseln effektiver ist, zu situationsabhängig, um sagen zu können, welcher Weg der bessere ist.

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Das lange Ausangeln von Spots kann beim Spinnfischen durchaus erfolgreich sein, oft macht es aber auch Sinn, viel Strecke zu machen. (Bild: Veit Wilde)
 
RAUBFISCH: 10. Was hältst du von der These, dass man als junger Familienvater Abstriche beim Angeln machen muss?
Veit Wilde: Nachdem ich 2022 selbst Vater geworden bin, kann ich diese Frage sicherlich ganz gut beantworten. Natürlich muss man gewisse Abstriche machen, wenn man ein Baby zu Hause hat, es ist aber auch die Frage, wie man sich damit arrangiert. Ich bin jedenfalls auch im vergangenen Jahr oft genug am Wasser gewesen und habe dabei sogar eine Menge Aale, Hechte und gute Zander gefangen. Dabei habe ich sehr viel in den Gewässern der näheren Umgebung geangelt, nachdem mein Sohn abends eingeschlafen war. Satte 50 Aale konnte ich beispielsweise fangen. So viele Schleicher in einer Saison hatte ich schon seit vielen Jahren nicht mehr. Inzwischen hatte ich meinen Sohn sogar schon mehrmals beim Spinnfischen in einer Trage dabei, und wir konnten bereits die ersten gemeinsamen Fische fangen.

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Nachwuchs und Angeln schließen sich gegenseitig nicht aus, sondern lassen sich sogar durchaus miteinander ver-binden. (Bild: Veit Wilde)

Autor: Veit Wilde