28.07.2023
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DJZ
Ausgabe 05/2022
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7 Min

Jagdhunde im Sommer

"Saisonarbeiter"

Im Herbst reiht sich oft ein jagdlicher Einsatz an den anderen. Drückjagden, Treibjagden, Entenstrich, Baujagd … Im Sommer sieht es anders aus. Wie kann der Hundeführer den Vierläufer in dieser Zeit auslasten?

"Saisonarbeiter"

Bild: Sebastian Grell

Die Zeiten, in denen die meisten Jagdhunde im Zwinger gehalten und nur zum Jagen herausgelassen wurden, sind glücklicherweise vorbei. Zum einen schreibt der Gesetzgeber eine grundsätzliche Auslastung sowie Sozialkontakte der Vierläufer vor. Zum anderen ist es auch der Anspruch des Hundeführers, dass „Waldi“ als Familienmitglied nicht zu kurz kommt. Im Herbst und Winter ist das meist kein Problem. Doch im Sommer sieht es anders aus. Auf der Einzeljagd gibt es ab und an mal was zu tun für „Waldi“, doch meist nicht sonderlich viel. Was kann der Rüdemann unternehmen, damit er keinen reinen „Saisonarbeiter“ am Strick hat?
 

Was heißt ausgelastet?

Zunächst muss sich der Jäger mit der Frage befassen, was es überhaupt heißt, den Vierläufer auszulasten. Grundsätzlich gibt es hier zwei Wege. Der eine ist körperliche Auslastung, anders gesagt Bewegung. Dabei geht es jedoch nicht darum, den Hund bis zur Erschöpfung rumzuscheuchen, sodass er am Ende halb­komatös zusammenbricht. Das richtige Maß ist entscheidend. Und das ist dann erreicht, wenn der Jagdgefährte im Alltag keine körperliche Unruhe zeigt und die meiste Zeit des Tages ruhend verbringt. Ist er oft hibbelig, kann das ein Hinweis auf zu wenig Auslauf sein. Allerdings sind hier stets individuelle Faktoren wie Rasse, Charakter sowie Alter des Hundes zu beachten. Der zweite Pfad der Auslastung ist die kognitive. Besonders bei Jagdhunden, die von Natur aus zu den intelligenten Hunderassen zählen, ist es nicht mit ein paar Spaziergängen am Tag getan. Auch der Kopf will gefordert sein. Oft ist es erstaunlich, wie stark die Vierläufer nach schwerer Kopfarbeit ruhen müssen.


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Der Großhecht biss zur Abendstunde. Kein Wunder, denn das ist die zweite gute Beißzeit im Sommer. (Bild: Bertus Rozemeijer)

Totsuchen bleiben

Zum Glück ist das Jagen nicht nur auf den Herbst begrenzt. So kommt auch übers Jahr immer mal etwas Fährtenarbeit für den Hund zusammen. Ob nun der gestreckte Bock, der noch ein paar Meter gemacht hat, oder die Sau im Weizen. Jede Möglichkeit wird genutzt. Dazu zwei Anmerkungen: 1. Immer nur solche Suchen selber machen, die sowohl Hund als auch Rüdemann schaffen. Einen Laufschuss selbst zu suchen, wenn der Vierläufer sonst nur Totsuchen macht, einfach damit dieser was zu tun hat, ist nicht Sinn der Sache. 2. Der eigene Anspruch ist entscheidend: Will es der Hundeführer dem Vierläufer nicht zu einfach machen, wird er nicht nach 20 Minuten der Schweißfährte „hinterherrennen“. Das Stück Wild kann er aber auch nicht bis zum nächsten Tag liegen lassen. Ein Kompromiss ist, das Haupt oder die Schalen dort liegen zu lassen. Ebenso wird der Hundeführer seine Mit­jäger bitten, deren Totsuchen machen zu dürfen, sofern sie selbst keinen Hund haben. Diese leichten Suchen sind, vor allem wenn sie am Folgetag gearbeitet werden, eine gute Übung für die Nase sowie Kopfarbeit.

Fitnesstraining

Unabhängig davon, wie der Hund jagdlich eingesetzt wird, ist körperliche Fitness eine Grundvoraussetzung, um den Anforderungen des Jagdbetriebs gerecht zu werden. Bei den meisten Vierläufern wird sich die Arbeit nicht gleichmäßig über alle Monate des Jahres verteilen. Vielmehr liegt die Stoßzeit im Herbst und Winter. Aus diesem Grund ist das auch die Zeit, in der die körperliche Fitness am höchsten sein muss. Dabei ergibt es keinen Sinn, zu versuchen, den Hund­ das ganze Jahr über körperlich extrem zu trainieren. Denn mit steigender Fitness steigt auch der Aufwand, diesen auszulasten. Es ist vergleichbar mit einem Leistungssportler. Dieser baut seine Fitness auch langsam auf, um dann zum Zeitpunkt des Wettbewerbes am höchsten Punkt zu sein. Genauso wird beim Hund vorgegangen. Von Februar bis Juli wird eine Grundfitness aufrecht erhalten. Ab Juli wird dann vermehrt an der Kondition gearbeitet, sodass gleich zu Beginn der Hauptsaison gute Leistungen erbracht werden. Das „Herunterfahren“ auf die Grundfitness wird ebenso schrittweise gemacht. Oft klappt das ganz gut, da die Jagdeinsätze zum Ende der Saison meist etwas „auslaufen“. Zur körperlichen Auslastung eignen sich lange Spaziergänge, Wanderungen, Fahrradfahren, Agility-Training sowie Joggen. Eine weitere und zudem sehr gelenkschonende Methode ist Schwimmen.

Kopfarbeit

Wie bereits geschrieben, sind Totsuchen eine prima Möglichkeit, den Hund in der Jagdpraxis zu fordern. Doch sie stehen nicht immer zur Verfügung. Es gibt einfach jagdliche Durststrecken, in denen nichts geht. Und selbst wenn viel Wild erlegt wird, liegen die meisten Stücke doch im 20-Meter-Radius um den Anschuss herum. Der Jäger muss sich also anders behelfen. Hier kommen künstliche Fährten ins Spiel. Am besten mit dem Fährtenschuh. Das ist besonders praxisnah. Gerade bei Sauen fängt der Schweiß oft erst im Verlauf der Fährte an. Trittsiegel sind jedoch stets vorhanden. Ist der Vierläufer ausschließlich auf Schweiß aus­gebildet, kann es passieren, dass er bei eigentlich leichten Totsuchen nicht weiterkommt. Jetzt ist auch ein guter Zeitpunkt, um mit dem Fährtenschuh anzufangen, sollte er noch nicht eingeführt worden sein. Weitere Möglichkeiten der kognitiven Auslastung sind zum Beispiel Gehorsams-Training, Agility (auch körperlich), Dummy-Training, Apport, Mantrailing. Es ist eine gute Idee, sich noch einmal die Prüfungsordnung der jeweiligen Rasse oder alternativ der Brauchbarkeitsprüfung anzugucken. Die darin geforderten Voraussetzungen können wiederholt werden. Besonders Gehorsam ist ein Fach, das immer wieder aufgefrischt werden muss. Sitzen die Übungen, setzt sich der Hundeführer eigene Ansprüche.

Neue Ziele stecken

Eine weitere Möglichkeit, den Vierläufer auszulasten, ist, sich als Gespann neuen Herausforderungen zu stellen. Hier bieten sich weiterführende Prüfungen an. Im Besonderen wären hier Verbandsschweiß-, -fährtenschuh sowie -stöberprüfung zu nennen. Diese sind auf hohem Niveau und erfordern entsprechenden Übungsaufwand. Über die Webseite des Jagdgebrauchshundverbandes (www.jghv.de) finden Sie die aktuellen Prüfungstermine sowie -ordnungen.


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Im Hochsommer fällt der Widerstand des Hechtes aufgrund der hohen Wassertemperaturen oft besonders temperamentvoll aus. (Bild: Bertus Rozemeijer)

Neue Möglichkeiten

Seit die ASP in Deutschland grassiert, hat sich noch eine – wenn auch unschöne – Arbeit für Jagdhunde ergeben: das Finden von verendeten oder kranken Sauen in betroffenen Gebieten. Die Schwarzwild-Kadaver werden derzeit vor allem mit speziell dafür aus­gebildeten Hunden gesucht.

Hundeführer, die sich dieser Aufgabe annehmen wollen, müssen sich als Gespann einer besonderen Ausbildung sowie Prüfung stellen. Danach können sie für Einsätze angefragt werden. Wir haben bereits in der DJZ (Ausgabe 10/2021) über die Ausbildung der ASP-Suchhund-Gespanne in Mecklenburg-Vorpommern berichtet. Sollten Sie Interesse an dieser Arbeit haben, können Sie sich über die Landesjagdverbände bezüglich der Ausbildungsmöglichkeiten informieren.

Autor: Moritz Englert