09.08.2023
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15 Min

Praxis

Machen und lassen (2)

Was ist richtig und was falsch beim Spinnfischen? Im zweiten Teil seiner Serie liefert Tim Puts die wichtigsten Antworten in Bezug auf die Topwater-Angelei mit Kunstködern, um einemaximale Bissausbeute zu erzielen.

Machen und lassen (2)

Bild: Tim Puts

Top: Die erste und letzte Stunde des Tages nutzen

Das Topwater-Spinnfischen spielt sich bekanntlich in der oberen Wasserschicht ab. Raubfische wie Barsche und Rapfen schwimmen hier oft nicht die meiste Zeit des Tages, sondern eher nur dann, wenn sie aktiv jagen. Passt man diese heißen Phasen ab, sollte das Topwater-Spinnfischen gut funktionieren. Das heißt, wenn man mit Kunstködern an der Oberfläche fangen will, muss man sich auf den Fressrhythmus der Räuber einstellen.
Die Hauptsaison für das Topwater-­Angeln fällt auf die Sommermonate und den frühen Herbst. Also etwa von Juni bis Oktober. Barsch und Rapfen sind in diesen wärmeren Monaten vor allem in der Uferzone zu finden, besonders am frühen Morgen und am späten Abend. Hier jagen sie nach der Fischbrut, die dicht unter Land Schutz vor den Räubern sucht. Aussichtsreich sind oft die ersten zwei bis drei Stunden am frühen Morgen. Und am Abend lohnt die letzte Stunde vor Einbruch der Dunkelheit. Für die restliche Zeit des Tages ziehen sich die Räuber in tiefere Wasserschichten zurück und damit meist außerhalb der Reichweite unserer Oberflächenköder.
Wenn meine Angelfreunde und ich zwischen dem Morgen- und Abendfischen wählen müssten, würden wir uns für die Frühschicht entscheiden. Wir haben festgestellt, dass diese Phase bei Weitem die produktivste ist. Sichträuber haben die ganze Nacht nichts oder kaum gefressen und sind frühmorgens, nach Sonnenaufgang, am hungrigsten. Außerdem fällt das „Fenster“, also die Zeitspanne, in der die Fische aktiv sind, morgens meist länger aus als abends. Das bedeutet allerdings, dass Sie im Sommer sehr früh aufstehen müssen. Denn es gilt manchmal - je nach Monat - schon um 4:30 oder 5:00 Uhr am Wasser zu sein. Aber die spektakulären Bisse, die Sie jetzt bekommen, machen das frühe Aufstehen mehr als wett.

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In den ersten Monaten der Saison sollten kleine Köder ange­boten werden, wie dieser Mini-Popper, den ein Rapfen genommen hat. (Bild: Tim Puts)

Top: Ködergröße anpassen

Stimmen Sie Ihre Ködergröße auf die gerade vorkommenden Beutefische ab. Dies ist sehr wichtig für das Topwater-Spinnfischen, mehr noch als bei anderen Methoden. Jeder Raubfischangler kennt das Phänomen der wilden Rapfen-Jagden an der Oberfläche, wo es Schlag auf Schlag mächtige Schwälle zu hören und sehen gibt. Du präsentierst jeden Köder, den du hast, du probierst alle Techniken und Geschwindigkeiten aus. Aber nichts funktioniert. Einfach nur frus­trierend! An der Oberfläche jagende Räuber sind eben oft extrem auf eine Köderfischart in einer bestimmten Größe fokussiert. Wenn Ihr Köder auch nur geringfügig davon abweicht, haben Sie keine Chance.
In den ersten Sommermonaten, etwa von Juni bis Juli, wird oft mit zu großen Ködern geangelt. Machen Sie sich bewusst, dass die Räuber jetzt in der Oberflächen- und Uferzone des Wassers nach der diesjährigen Fischbrut jagen, die noch sehr klein ist. Es sind höchstens wenige Zentimeter lange Exemplare. Im Juni und Juli fischen wir deshalb bevorzugt mit Ködern um die fünf Zentimeter. Normalerweise zählen dazu Mini-Popper. Aber auch einige sehr schöne Walk-the-Dog-Oberflächenköder, die wie ein Hund hin und her schwänzeln - daher der englische Name - kommen zum Einsatz. Unsere Favoriten für diese erste Phase der Saison sind der Rapala UL Pop 04, Tetra Works PocoPoco F und der Tacklehous Shore SPP 44. Ein Walk-the-Dog, der jetzt oft gut fängt, ist der DUO Realis Pencil 65 FW.
Nur im Spätsommer, etwa von August bis September, fischen wir größere Köder von etwa sieben bis zehn Zentimetern Länge. Dazu zählen zum Beispiel der Molix WTD Tarpon 90 oder der Rapala Skitter Pop 9. Viel größer gehen wir von der Länge her nicht. Wenn Sie zu voluminöse Formate anbieten, werden Sie oft sehen, dass die Räuber zwar folgen, aber nicht nehmen. Wechseln Sie in diesem Fall sofort zu kleineren Modellen. Ein zusätzlicher Vorteil beim Fischen mit kleinen Ködern ist, dass nicht nur größere Räuber zupacken. Gerade auch die wilden Attacken der mittelgroßen und halbstarken Exemplare machen große Freude.

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Der Molix WTD Tarpon 90 ist einer der fängigsten Walk-the-Dog-Köder. Er ist leicht zu fischen, fliegt weit und zeigt eine ausladende Aktion, wenn man ihm zwischen den Rucken genug Spiel gibt. (Bild: Tim Puts)

Top: Walk-the-Dog zieht

Wenn wir nur mit einem einzigen Topwater-Köder fischen müssten, wäre dies ein Walk-the-Dog. Dieser Spezialist gleitet besonders verführerisch auf der Oberfläche hin und her. Die Bewegung wird von den Amerikanern „Walk-the-Dog“ genannt. Diese Köder haben eine etwas subtilere Aktion als beispielsweise Popper und können verwendet werden, wenn die Wasseroberfläche schön glatt ist und die Fische möglicherweise etwas scheu sind.
Allerdings erfordert das Angeln mit den Walk-the-Dogs oft etwas Übung. Genau wie beim Wobbeln mit Twitchbaits muss man selbst für die nötige Aktion sorgen. Am besten führen Sie Ihren Köder als Einsteiger in diese Angelei zunächst ganz ruhig und machen beim Einholen mit der Rutenspitze kurze Schläge in die Schnur. Jeder Köder hat hier seine eigene Art zu laufen. Bei einigen Walk-the-Dogs ist es wichtig, dass Sie nach jedem Schlag einen Moment bis zum nächsten Kick warten. Erst dadurch kann der Köder seine weite Ausholbewegung machen.
Sobald Sie diese grundsätzliche Führung beherrschen, können Sie beginnen, bei der Geschwindigkeit zu variieren. Aber auch in der Art, wie man den Köder schlägt, indem man plötzlich die Intensität erhöht. So können Sie diese Köder sehr unberechenbar präsentieren, was oft zu guten Ergebnissen führt. Auch innerhalb der großen Walk-the-Dog-Kategorie gibt es viele verschiedene Typen und Arten, jede mit ihrer eigenen spezifischen Wirkung. Einige Köder schwänzeln sehr flach ganz oben, während andere oft ein Stück unter Wasser tauchen. Wenn Sie mehrere dieser Walk-the-Dogs dabei haben, bleiben Sie stets flexibel.

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Manchmal sind sinkende Oberflächenköder ein echter Geheimtipp. Hier hat ein Rapfen den 6,5 Zentimeter langen und neun Gramm schweren Molix Piper genommen. (Bild: Tim Puts)

Top: Sinkende Verführer nutzen

Geht es in diesem Artikel nicht um Oberflächenköder? Natürlich! Aber dieser Rat hier ist auch ein Geheimtipp. Es gibt nämlich eine Reihe von Spezialködern auf dem Markt, die sinken. Das bedeutet aber nicht, dass man sie nicht auch flach anbieten kann. Die sinkenden Topwater-Köder sehen vom Profil ja sonst genauso aus wie die schwimmenden Vertreter. Das heißt: klassische Zigarrenform ohne Tauchschaufel.
Der große Vorteil ist, dass Sie diese Köder beim Führen gelegentlich still stehen lassen können. Dadurch sinken sie, manchmal mit einer verlockenden Watschel-Bewegung. Diese Aktion ist der Clou! Und wenn das nicht funktioniert und Sie den Köder danach neu starten, wird er wieder an die Oberfläche „fliehen“. Eine oft unwiderstehliche Bewegung - selbst für den reserviertesten Räuber. Wenn die Fische also am Platz sind, aber nicht auf Ihre schwimmenden Angebote reagieren, greifen Sie mal zu sinkenden Topwater-Ködern.
Unsere Favoriten: der Molix Piper und der Megabass Karashi IGX 70S. Aber auch der Illex Water Monitor kann so gefischt werden, wie beschrieben.

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Zeitweise sind weit fliegende Topwater-Köder, vor allem der Rapala Walk‘n Roll, für Wolfsbarsche unschlagbar. (Bild: Tim Puts)

Top: Meer mit Topwater

Das Spinnfischen an der Oberfläche ist eine ausgezeichnete Technik, die Sie an Seen, Flüssen und Kanälen anwenden können. Aber man sollte seinen Blick dabei nicht nur auf das Süßwasser richten. Auch im Meer geht mehr mit Topwater-Methoden! Entlang unserer holländischen Küste kann man damit sehr gut Wolfsbarsch fangen. Jedes Jahr werden große Exemplare an der Oberfläche vom Strand aus oder in den Häfen von Rotterdam und IJmuiden gefangen. Der Wolfsbarsch ist ein sehr starker und explosiver Fisch, der besonders gut auf Topwater-Köder reagiert und Spitzensport bietet. Das Tolle daran ist, dass dieser Räuber an manchen Tagen sogar nur an der Oberfläche beißt. Das sind Momente, die man nicht missen möchte.
Wählen Sie für diese Fischerei jedoch nicht zu kleine Angebote. Oberflächenköder bis zu 15 Zentimetern funktionieren gut. Wichtig ist weiterhin, dass diese gut fliegen und große Wurfdistanzen meistern. Und wir meinen wirklich weit!
Unser Top-Favorit auf Wolfsbarsch ist mit Abstand der Rapala Walk‘n Roll. Eine Art Kreuzung zwischen einem Popper und einem Walk-the-Dog. Zur Führung: Sie werfen sowohl die kleine als auch die große Version davon praktisch bis zum Horizont und beginnen dann mit dem ruckweisen Einholen. Mit diesem Köder haben wir schon viele schöne Wolfsbarsche sowohl vom Ufer als auch vom Boot aus bekommen. Der Rapala Walk`n Roll ist übrigens ebenso ein fantastischer Rapfen-Bringer.

Kommen wir nun zu den häufigsten Fehlern, die wir beim Spinnfischen mit Topwater-Ködern nicht machen sollten. Dazu zählen:

Flop: Zu frühes Anschlagen

Auch wenn der Reflex groß ist, versuchen Sie nicht anzuhauen, wenn ein Räuber Ihren Oberflächenköder angreift. Topwater-Spinnfischen ist ein visuelles Spiel. Das ist natürlich fantastisch, weil man alles sieht, was passiert - ein Spektakel für sich. Der Nachteil ist jedoch, dass man oft reflexartig auf den Biss reagiert, bevor davon etwas gespürt wurde. Sehr oft ziehen Sie dann Ihren Köder einfach aus dem Maul oder weg vom Fisch. Man muss sich also wirklich zurückhalten und abwarten, bis man das Nehmen wirklich spürt. Manchmal brauchen Raubfische etwas mehr Zeit, um einen Topwater-Köder voll ins Maul zu bekommen. Beim Barsch zum Beispiel kann das durchaus mehrmals misslingen. Wir haben selbst Drohnenaufnahmen gemacht, in denen ein Räuber unserem Köder über zig Meter folgt und ein paar Male dahinter wirbelt. Wenn man dann auf Sicht mit einem Anhieb reagiert hätte, wäre der Fisch definitiv nicht an den Haken hängen geblieben. Warten Sie also, bis Sie einen Widerstand spüren. Oft muss man dann nicht einmal mehr den Haken setzen.

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Gerade bei Barschen, die dem Oberflächenköder oft lange folgen, gilt es, erst anzuschlagen, wenn man den Biss auch spürt. (Bild: Tim Puts)

Flop: Fluorocarbon fürs Vorfach

Dieses Material, kurz FC, wird häufig und gerne als Vorfach für das Raubfischangeln verwendet. Denn es ist relativ abriebfest und unter Wasser, verglichen mit Stahl, vergleichsweise unverdächtig. Dieses Material hat aber eine wesentlich höhere Dichte als Monofil, was zu sinkenden Eigenschaften führt. Und, man ahnt es schon: Sinkschnur und Oberflächenköder passen nicht zusammen. Vor allem, wenn Sie mit kleineren Topwaters fischen. Fluorocarbon beeinträchtigt also die Wirkung Ihres Köders.
Wir empfehlen daher Monofilvorfächer und hier ein möglichst hartes Material. Denn dies ist am haltbarsten und hat die besten Eigenschaften für unsere spezielle Fischerei. Wir setzen dabei am häufigsten auf Durchmesser von 0,28 Millimetern. Bei Mini-Poppern darf es mit 0,25er Monofil etwas dünner sein. Aber nicht darunter. Denn wenn Kapitale beißen, setzt es schon einen ordentlichen Schlag.

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Fluorocarbon ist kein gutes Vorfachmaterial zum Topwater-Spinnfischen, da dieses Material sinkt. Monofil ist die deutlich bessere Wahl. (Bild: Tim Puts)

Flop: Verharren an einer Stelle

Sie fischen Topwater-Köder in den Sommermonaten. Das Wasser ist warm, und die Raubfische bewegen sich. Wir haben oft Rapfen in schnellem Tempo an der ersten Kante entlang schwimmen und zuschlagen sehen, wenn sie hier auf Köderfische treffen. Und weil die Räu­- ber sich so viel bewegen, bewegen wir uns auch. Wir bleiben nie wirklich lange an einem Ort. Es sei denn, wir wissen, dass es irgendwo eine große Konzen­tration von Raubfischen gibt. Im Nor­malfall jedoch gehen und werfen wir eigentlich ununterbrochen. Oder wir lassen das Boot mithilfe des Elektromotors langsam vorwärts fahren, wenn wir nicht zu Fuß unterwegs sind. Auf diese Weise fischen Sie an einem Morgen große Wasserstrecken ab und haben unserer Erfahrung nach bessere Chancen.

Flop: Gleich ins Wasser waten

Das ist vielleicht der größte Fehler, den Anfänger beim Topwater-Spinnfischen machen: Sie stürmen gleich mit Wathosen ins Wasser. Das Ergebnis: Die Fische nehmen Reißaus. Glauben Sie uns: Sie wollen gar nicht wissen, wie flach Raubfische manchmal in der Uferzone lauern. Wir haben schon große Rapfen auf 30 Zentimeter Wassertiefe gefangen. Auch Hechte schlugen unsere Oberflächenköder im knietiefem Wasser. Bleiben Sie also nach Möglichkeit zunächst am Ufer stehen und machen ihre ersten Würfe von dort aus. Und wenn Sie ins Wasser waten, dann sollte das ruhig und vorsichtig geschehen. Es gilt, so wenig Wasser wie möglich zu bewegen und dabei keine großen Steine ​​umzustoßen.

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Beim Watfischen gilt es, sich ruhig zu bewegen, um die oft sehr dicht unter Land lauernden Räuber nicht zu verscheuchen. Deshalb sollten die ersten Würfe auch immer vom Ufer aus erfolgen. (Bild: Tim Puts)

Flop: Monotones Fischen

Wir alle kennen sie: Jene Angler, die immer mit dem gleichen Köder auf die gleiche Weise weiterfischen. Natürlich fangen sie auch ihre Fische. Aber wir haben festgestellt, dass das Variieren des Ködertyps, der Größe, der Aktion und der Geschwindigkeit wirklich mehr Bisse bringt. Es gibt Tage, an denen man nicht schnell genug führen kann, zum Beispiel, wenn es auf Rapfen geht. Wir erleben aber ebenso Situationen, in denen nur eine langsame Walk-the-Dog-Aktion zieht.
Was nach unseren Erfahrungen wenig Erfolg bringt, ist das Fischen mit Propbait oder lautem Popper an windstillen Tagen. Viel besser sieht es mit diesen Ködern dagegen bei mehr Wind oder viel Bootsverkehr aus.

Autor: Tim Puts