RF Praxis
Knaller am Kanal
Mit Wobbler an monotonen Strecken auf Zander? Nicht gerade das einfachste Vorhaben. Aber an jeder Steinpackung kann‘s beißen, wenn man das richtigetaktische Gespür für die Besonderheiten der Schiff-fahrtsstraßen entwickelt.Text & Fotos: David Böttcher
Bild: David Böttcher
Ganz besonders in allen Gewässern, in denen es Steinpackungen gibt, tritt die-ses Phänomen der abendlichen Raubzüge fast immer auf. Kleinfischschwärme werden aus dem tiefen Wasser in Richtung der Schüttung gedrückt und können dann nirgendwo ausreichend Schutz finden. Die Zander schlagen dort meistens in kleinen Trupps zu und fressen sich an der Steinpackung satt.
Bei den Anglern ruft dieses Raubverhalten den Wobbler auf den Plan. Ein Köder, der beim Zanderangeln lange stiefmütterlich behandelt wurde, in den letzten Jahren aber einen regelrechten Boom erlebt hat. Denn in der Dämmerung und Dunkelheit bietet er klare Vorteile und ist oft den Gummiködern überlegen.
Hauptsache Steinpackung
Gewisse Unterschiede sind gleich offensichtlich. An der Tideelbe funktioniert das Zanderwobbeln blendend. Dabei sind die Tages- beziehungsweise Nachtzeiten oft weniger relevant. Die Fische orientieren sich eher an den Gezeiten. Besonders effektiv fischen wir, wenn wir bei ablaufendem Wasser bis zum Tiefststand angeln. Sollte das Niedrigwasser zufällig genau auf den Sonnenuntergang fallen, müssen wir auf jeden Fall am Wasser sein. Dann geht richtig die Post ab!
In Gewässern ohne Gezeiten, wie eben an einem Kanal, entscheiden dagegen die Tageszeit beziehungsweise die Lichtverhältnisse über die Fangchancen. Die Zander verlassen meistens ab dem sehr späten Nachmittag ihre Komfortzone am Gewässergrund und werden aktiv. Am Kanal ist also klassisches Feierabendangeln angesagt. Auch nachts funktioniert diese Methode super, absolute Dunkelheit ist aber definitiv kein Muss. Der grundsätzliche Hinweis, dass man an die Steinpackung gehen soll, hilft einem an einem Gewässer wie dem Nord-Ostsee-Kanal auf den ers-ten Blick nicht sehr viel weiter. Denn die Packungen erstrecken sich dort über viele Kilometer hinweg. Wohin also gehen?
Auf Veränderungen achten
Apropos Steinpackung: Gerade wenn man in die Dunkelheit hinein fischen möchte, sind rutschige Schüttungen mit Vorsicht zu genießen. Absolut festes Schuhwerk und lange Hosen sind bei mir zu jeder Jahreszeit Standard. Leider hat es hier schon viele Angler böse er-wischt, Stürze auf die unebenen Steine sind immer brandgefährlich. Nachts gehe ich daher nur in Begleitung los.
Ich suche mir also einen aussichtsreichen Platz und montiere einen Wobbler. Wenn möglich, werfe ich den Köder schräg oder gar parallel zur Steinpackung, damit ich möglichst lange in der „heißen“ Uferzone fische. Selbst wenn es dort sehr flach sein sollte, gehen die Zander dort früher oder später auf Beutezug. Nicht selten habe ich gespürt, wie der Wobbler immer wieder die Steine am Boden leicht berührte, bis er dann im Zandermaul hängenblieb. Aber auch im tiefen Kanal funktioniert diese Methode genau so gut wie in der flachen Buhne.
Lang und schlank
Je nach Größe der Futterfische setze ich Modelle von 7 bis 15 Zentimetern Länge ein. Der Zanderkönig zum Beispiel misst standardmäßig 11 Zentimeter, in der Ju- niorvariante sind es 8,5. Das passt perfekt! Bei der Farbe des Wobblers bin ich im Prinzip nicht sonderlich wählerisch. Wenn man ansonsten alles richtig macht, erscheint mir das Dekor eher zweitrangig. Mit einem UV-aktiven Wobbler hat man nach meinen Erfahrungen aber immer noch ein Ass im Ärmel.
Die Köderführung gestaltet sich betont langsam und ruhig. Der schlanke Minnow wird knapp über Zeitlupentempo eingekurbelt, Spinnstopps oder Schläge mit der Rute, die sonst die Fangchancen erhöhen, müssen jetzt überhaupt nicht sein. Nur kurbeln, einfacher geht es nicht.
Oft kommen die Bisse direkt vor dem Herausheben des Köders, man sollte den Wurf also bis zum letzten Augenblick ausfischen. Schwimmende oder schwebende Wobbler kann man dann noch einmal kurz stehen lassen, bevor man sie heraushebt. Das kann einen Biss im letzten Moment provozieren.
Nicht zu harte Rutenspitze
Als Rute kommt ein Modell mit nicht allzu harter Spitze zum Einsatz, damit wir die Bisse gut erkennen und verwandeln können. Eines meiner Lieblingsmodelle ist die „Devil Stick Extention“, da die Spitze rot eingefärbt und dadurch auch im Halbdunkeln noch gut zu sehen ist. Ein absolutes Premiummodell ist natürlich die Zanderkönig-Wobblerrute. Der Blank ist in fluoreszent weißer Farbe lackiert und dadurch bei schwachem Restlicht stets gut erkennbar. Es reicht schon etwas Mondschein, damit sich die Rute vom dunklen Hintergrund abhebt. Für extrem dunkle Nächte sind die ersten zwei Segmente der Spitze und alle Ringwicklungen mit phosphoreszierendem Lack behandelt und leuchten nach, wenn man sie vorher anleuchtet. Am besten klappt das mit einer UV-Lampe. Der selbstleuchtende Effekt lässt nach etwa einer halben Stunde nach, ist aber mehrere Stunden erkennbar, sodass eine gute Köderkontrolle immer möglich ist.
Im Gegensatz zum Jiggen öffnen wir die Bremse beim Wobbeln ein gutes Stück weiter, so dass wir mit mittlerem Zug etwas Schnur abziehen können. Die Bisse der Zander kommen zwar relativ rabiat, besonders aber die zu erwartenden Beifänge machen eine halboffene Bremse unbedingt nötig. Oft schnappen dicke Rapfen zu, die sich durch brutale Einschläge in der Rute bemerkbar machen. Wenn die Bremse dann zu ist, sprengen wir im schlechtesten Fall entweder unser Vor-fach oder der Fisch schlitzt aus. Bei einigen unserer Touren am Kanal stiegen zudem dicke Barsche ein, die man nicht alle Tage fängt. Je nach Gewässer sind auch mal Welse als Beifang zu erwarten. Und wenn man nicht gerade am Kanal wobbelt, steigt mitunter der ein oder andere Hecht ein. Das Gerät passe ich also ja nach Gewässertyp an, bedarfsweise schalte ich dann ein Stahlvorfach oder eine knotbare Stahlspitze vor.
Vertrauenssache
Selber erlebte ich den Durchbruch für diese spannende Methode übrigens beim Rapfenangeln in der Elbe, bei dem ich immer öfter Zander als Beifang landete. Wohlgemerkt, damals mit ultraschnell geführten Miniwobblern dicht unter der Oberfläche. Seitdem ich dort dann langsam laufende Zanderwobbler durchs Wasser kurble, fange ich regelmäßig meine Fische. So habe ich meine neue Lieblingsmethode kennengelernt. Heute habe ich immer ein paar Zanderwobbler in der Box, wenn ich abends an den Kanal oder an die Elbe gehe.
Geräte-Check
Rolle: Klassische Stationärrolle, zum Beispiel Daiwa Freams 2500
Schnur: Dünne geflochtene, etwa 0,12 mm Durchmesser mit monofilem Vorfach
Köder: Schlanke Wobbler in Minnow-Form, zum Beispiel der ,,Zanderkönig“ oder ,,Wild Devil Baits Shot Minnow“.
Zubehör: Kopflampe, Kescher mit langem Stab und festes Schuhwerk, Lösezange.
Autor: David Böttcher