Kroatien kennen die meisten vom Sommerurlaub. Vor allem Segler und Motorboot-Fans. Jagdlich ist es aber eine ebenso große Perle. Das wissen nun auch die Teilnehmer der 2022er-JAGEN-WELTWEIT-Leserreise.
Schluss, aus – ich mache jetzt Pause!“ Dieser Satz dürfte jedem Jäger, der schon einmal in den Bergen gejagt hat, geläufig sein. Bei dem einen ist diese Grenze früher erreicht, beim anderen später. Doch sie kommt irgendwann beinahe so sicher wie das Amen in der Kirche .
In der Regel bedeutet dieser Satz allerdings nichts Gutes. Zwar kommt der Körper zur verdienten Ruhe, die zunächst einmal befriedigt. Doch ist damit das eigentliche Ziel der Reise in Gefahr, nämlich der Jagderfolg. Live und in Farbe durfte ich dieses Mal allerdings miterleben, dass so eine „Zwangspause“ für ein einmaliges Weidmannsheil sorgen kann, für das der eine oder andere Bergjäger Haus und Hof verkaufen würde ...
Doch der Reihe nach: Es ist Anfang November, als sich einige Jäger in Richtung Kroatien auf den Weg machen. Die wichtigste Person sei gleich vorab genannt: Radovan Abramovic. Er ist Agenturleiter bei der Forst Eibenstein Travel Agency (www.forst-eibenstein.eu), welche die JAGEN-WELTWEIT-Leserreise organisiert hat. Radovan hat sich vor Ort hervorragend um alle und alles gekümmert. Alleine das war ein Grund, mit der Reise zufrieden zu sein.
Der wunderschöne Hafenort Makarska südlich von Split lädt zum Jagen und Urlauben ein (Bild: Ralf Bonnekessen)
Darüber hinaus waren aber noch weitere wichtige Personen dabei, ohne die es keine richtige Leserreise gewesen wäre. Nämlich die gestandenen Weidmänner und JAGEN-WELTWEIT-Leser Hans, Olaf, Ralf sowie Richard. Neben meiner Wenigkeit, der diese tolle Truppe begleiten durfte, war noch unser Kameramann Ralf Bonnekessen vor Ort und versuchte, möglichst viele Schuss-Szenen einzufangen. Mit welchem Erfolg, können Sie als Abonnent der JAGEN WELTWEIT auf www.pareygo.de sehen.
Endlich im Urlaubsparadies
Gegen Mittag kommen wir bei strahlender Sonne und 27 Grad im Urlaubsparadies an. Aufgrund diverser Gepäck-Probleme erreichen wir allerdings erst am Abend unser Hotel im wunderschönen Makarska, das malerisch direkt am Hafen liegt.
Bombiger erster Jagdtag!
Mit einer Ausnahme jagen wir in zwei Revieren. In dem einen auf Gamswild, in dem anderen auf Muffelwidder. Das dritte Revier beherbergt ebenfalls beide Wildarten, allerdings noch eine weitere, nämlich den Mähnenspringer. Jäger Ralf war bereits zwei Tage vor allen anderen vor Ort und streckte dort einen ordentlichen Bock mit sauberer Kugel.
Jäger Olaf (r.) mit Jagdführer und Förster Pero an ihrer gemeinsamen Beute (Bild: Peter Diekmann)
Für die eigentlich avisierten Wildarten teilen wir uns dann am ersten Jagdtag auf. Ralf und Richard wollen es zunächst auf Muffel versuchen, Hans, Olaf und ich brechen etwas später ins Gams-Revier auf.Als der Wecker klingelt, ist es bereits hell. Ich öffne die Holzfensterläden des Hotelzimmers und blicke auf den wunderschönen Hafen Makarskas. Das Wasser liegt in Schrotschuss-Entfernung und damit zum Greifen nah. Während ich in Gedanken bereits ein „Korrespondenten-Büro“ in Makarska eröffne, packe ich alles Nötige für die Gamsjagd. Wie immer viel zu viel. Zu allem Überfluss decken Olaf und ich uns auf dem Weg noch im Supermarkt mit Essen und Trinken ein. Alles Ballast, der den Berg hochgeschleppt werden muss.
Nach einer Fahrt im Kleinwagen des Försters und Jagdführers Pero über extrem huckelige Bergstraßen erreichen wir irgendwann ein Plateau und parken dort. Nachdem ich meinen Rucksack geschultert habe, wage ich einen ersten Blick durchs Fernglas an eine vielversprechende Stelle. Das Glück ist mit den Dummen: Zack, habe ich eine Gams in der Optik. 1.000 Meter entfernt, scheint sie direkt in unsere Richtung zu sichern. Und wie es der Zufall will, möchte Pero mit uns ohnehin genau dorthin.
22 Jahre! So unglaublich alt war die von Olaf erbeutete Gamsgeiß. Den Winter hätte sie vermutlich nicht mehr überlebt (Bild: Peter Diekmann)
Bis zu 800 Höhenmeter Aufstieg erwarten uns, je nachdem, wann ein passendes Stück auftaucht. Sollte die ausgemachte Gams jagdbar und noch da sein, erwarten uns nicht mehr als 300 Höhenmeter. Der Aufstieg ist kein großes Problem. Denn der Weg mäandert in großen Schwüngen und dadurch in geringer Steigung durch den Bergwald. Es geht vorbei an verlassenen Steinhütten und einem alten Kloster, bis wir die Stelle erreichen, an der ich das Wild entdeckt hatte. Dieses hat uns allerdings längst mitbekommen und ist weiter in die Höhe gezogen. Der Plan unseres Jagdführers: hinterher! Doch wenig später zieht Olaf die Reißleine: „Schluss, aus – ich mache jetzt Pause!“, teilt er uns mit hochrotem Kopf mit.
Glücklicher Zufall
Wie taktisch klug er diese Pause gewählt hat, wird wenig später klar: Etwa 80 Gänge hinter uns entdecke ich Wild hinter einem Felsen. Es zieht bergauf und wird aller Voraussicht nach den Pirschpfad queren, den wir Minuten zuvor beschritten hatten. Als das Stück hinter dem Felsen hervortritt, traue ich meinen Augen nicht: Auf den ersten Blick ist klar, dass es sich um eine uralte Gamsgeiß handelt. Der Körper vom Alter gezeichnet, die Krucken hoch und weit ausladend. Der „Urgroßmutter“ scheint der Aufstieg alles andere als leicht zu fallen.
Der Gams-unerfahrene Olaf schaut mich verdutzt an und weiß nicht so recht, was er mit diesem Stück anfangen soll. Er will eigentlich einen Bock erbeuten. Auch der Jagdführer macht keine Anstalten, es auf dieses Stück zu versuchen. Vermutlich deswegen, da es sich bei der Trophäe allem Anschein nach um eine Silbermedaille (ab 100 CIC-Punkte) handelt, und im Angebot lediglich eine Trophäe bis zu 90 CIC-Punkten inkludiert ist.
Die erlegte Gamsgeiß des Autors brachte es immerhin auf elf Jahre (Bild: Peter Diekmann)
Nach einigem Hin und Her sowie der Klärung der zusätzlichen Kosten, die Olaf moderat erscheinen, versuche ich dem sympathischen Nordlicht noch einmal ganz deutlich zu machen, was er da vor sich hat: „Olaf, so eine Chance wirst Du nie wieder bekommen. Eine so alte Gams wirst Du vermutlich nie wieder sehen, geschweige denn erbeuten. Erfahrene Gamsjäger würden dafür Haus und Hof verkaufen!“
Meine Worte scheinen zu wirken. Olaf will es versuchen. Mal ganz abgesehen von der Einmaligkeit dieser Trophäe erspart sie ihm auch ganz nebenbei den weiteren Aufstieg.
Würdiges Ende
Gesagt, getan. Die Gams macht es uns leicht. Aufgrund ihrer körperlichen Konstitution ist es nicht schwer, sie über den nächsten Grat „einzuholen“ und in passender Entfernung eine günstige Schussposition zu finden. Olaf wartet, bis sie breit steht und beendet dann das Leben der kroatischen „Uroma“ auf würdige Weise.
Als wir den beschwerlichen Weg über ein Geröllfeld zurückgelegt haben und die Beute in Besitz nehmen, trauen wir unseren Augen nicht: Beim Zählen der Jahresringe taxieren wir das unglaubliche Alter dieses zähen Bergwildes: 22 Jahre! Weidmannsheil zu dieser Ausnahmegams, lieber Olaf! Deiner ersten. Unglaublich! Oder wie unser Jagdführer es sagt: „You’re a lucky man!“ (frei übersetzt: Du bist ein Glückspilz!).
Weiter geht‘s ...
Da der Tag noch jung ist und das Wetter schön, entscheiden wir uns, es auch noch mit meiner Gams zu versuchen. Und so drohen dann doch noch die 800 Höhenmeter.
Die vor uns liegende Rinne sieht gar nicht so übel aus. Das Problem ist nur, dass sie nicht sehr weit einsehbar ist und sich ewig zieht. Pero weiß das natürlich, schweigt sich darüber aber aus. „Wie lange brauchen wir noch bis oben, eine halbe Stunde?“, frage ich ihn. Er grinst verschmitzt und antwortet: „Ja, vielleicht auch etwas länger!“ Na denn. Der großgewachsene wie schlanke und durchweg sympathische Kroate stapft mit sieben-Meilen-Stiefeln tapfer voran. 20 bis 30 Meter ist er stets vor mir. Die Rinne ist bewaldet. Rechts und links geht es auf abenteuerlichen grauen Felsen steil in die Höhe.
V. l. n. r.: Jagdführer Zoran, Jäger Ralf, Jagdpächter Stipe, Jäger Richard, Jagdführer Mio und Agenturleiter Radovan (Bild: Ralf Bonnekessen)
Irgendwann hören wir Gamswild. Steine kullern, ein Pfeifen ertönt. Und dann sehen wir ein kleines Rudel, das auf vielleicht 80 Gängen an uns bergab vorbeizieht. Mit dabei ein recht starker Bock. Doch an Schießen ist nicht zu denken. Wir sind umgeben von Bäumen und Ästen. Zudem fehlt eine passende Auflage. Wir lassen sie ziehen.
Nach einer guten Stunde Aufstieg erreichen wir (ich schweißgebadet) ein weiteres Plateau, auf dem auch eine Hütte steht. Endlich gewährt mir mein schweigsamer Personal Trainer Pero eine Pause, die ich nun dringend benötige! Während ich mich mit dem Nötigsten versorge, glast er bereits die Hänge ab. Mit Erfolg: Er entdeckt einen jungen Bock auf etwa 500 Meter. Dieser zieht nun stetig in unsere Richtung. Wenn er so weiter zieht, kann ich ihn von der Hütte aus erlegen, vor der ich sitze.
Doch das wäre mir ebenso wenig recht, wie diesem Bock. Denn er ist meines Erachtens zu jung. Dennoch entscheiden wir uns, ihm gedeckt entgegenzupirschen. Und dabei entdecken wir ein weiteres Stück, eine Geiß. Jetzt wird es interessant! Denn ich habe Pero gesagt, dass ich lieber eine Geiß als einen Bock erlegen würde.
Pero inspiziert sie daher noch etwas genauer, um sicher zu gehen, dass sie nicht führend ist. Das stellt er irgendwann zweifelsohne fest, gibt sie mir daher frei, weist aber noch darauf hin, dass auch dieses Stück über den 90 CIC-Punkten liegen könne.
Angestrichen auf den Stich
Typische Schussposition im Berg: liegend aufgelegt auf dem Rucksack (Bild: Peter Diekmann)
Da habe ich nichts gegen, und daher entscheide ich mich dazu, es zu versuchen. Wir pirschen noch etwas weiter, bis wir in einer kleinen Blöße im lockeren Bewuchs ankommen. Dort habe ich halbwegs freies Schussfeld. Die Geiß ist nur noch 140 Gänge entfernt, sichert bereits spitz zu uns herunter. Ich versuche, mich für den Liegendschuss einzurichten. Vergebens! Aus dieser Position ist viel zu viel Geäst zwischen Lauf und Beute. Also stehe ich auf, suche mir einen passenden Ast auf Schulterhöhe, lege die Waffe des Försters auf und visiere die Gams an. Als ich zur Ruhe komme und der Ansicht bin, gut und sicher drauf zu sein, schieße ich der Gams auf den Stich.
Ebenso wie Pero, meine ich, die Gams etwas rucken gesehen zu haben, doch sicher bin ich mir nicht. In jedem Fall flüchtet sie nach links weg und ist alsbald unseren Blicken entschwunden. Wir warten etwas und begeben uns dann Richtung Anschuss.
Olaf gelang nicht nur das Erlegen der uralten Gams. Auch der Widder machte ihn sichtlich glücklich (Bild: Peter Diekmann)
Wie anders hier oben doch alles aussieht. Jeder Schritt muss wohlüberlegt sein. Denn hinter jedem Fels wartet eine Stolperfalle, eine scharfe Kante, ein tiefes Loch. Knöchelbrüche und Schürfwunden sind bei einem falsch gesetzten Gang programmiert! Wie um alles in der Welt kann das Wild durch dieses Geröllfeld flüchten, ohne sich zu verletzen? In diesem Moment fühle ich mich als Mensch schrecklich degeneriert!
Ich blicke in Peros sorgenvolles Gesicht, das nichts Gutes verheißt. Er scheint dort angekommen zu sein, wo der Anschuss sein muss und findet nichts. Dann kommt er auf die geniale Idee, mir die Stelle zu zeigen, an der wir beim Schuss standen. Ich solle sie anlasern. Etwa 160 Meter. Also muss der Anschuss 20 Meter unterhalb sein. Ich lasere die 20 Meter und schwenke über den grauen Fels. Potzblitz: ein hellroter großer Schweißfleck zeigt sich dort auf einem der Felsen. Na also: „Geht doch, Gisela!“, geht es mir durch den Kopf. Die gute Stimmung kehrt zurück.
Der Schweißspur zu folgen, ist nicht schwer, dauert wegen des anspruchsvollen Geländes allerdings ewig. Und irgendwann stehen wir vor ihr. Es ist kaum zu glauben, in welcher Position wir sie finden. Lediglich der untere Teil des rechten Hinterlaufes ist noch zu sehen, alles andere vom Wildkörper ist zwischen zwei Felsen verschwunden und eingeklemmt.
Der Autor des Artikels (l.) mit Jagdführer Mio und seinem am letzten Jagdtag erbeuteten Widder (Bild: Rals Bonnekessen)
Als wir sie geborgen haben, zählen wir die Jahresringe: Immerhin elf Jahre alt ist dieses Stück. Kein Vergleich zu Olafs Gams, aber mich macht sie dennoch stolz und glücklich. Ich breche sie auf und zerwirke sie. Alle Einzelteile werden in Plastiksäcke gepackt und wandern in meinen Rucksack. Nun beginnt der schwierige Abstieg. Gott sei Dank leiht Pero mir seinen Bergstock. Mit dem fällt er mir etwas leichter. Irgendwann sind wir bei Olaf. Er hatte sich dafür entschieden, bei seiner Gams zu bleiben. Vier Stunden lang war ich mit Pero unterwegs. Doch Olaf wurde nicht langweilig. Er hat seinen Abschuss bei wunderschönem Wetter mit einer ordentlichen Vesper genossen!
Als wir abends bei einigen Bieren und wenigen Zigarillos im Hafen von Makarska zusammensitzen, sind wir aber nicht die einzigen, die zu berichten haben. Hans hat seine Gams ebenfalls bekommen. Er war alleine mit Jagdführer Goran unterwegs. Und auch Ralf und Richard hatten Weidmannsheil. Beide haben ihren Muffelwidder bekommen. Es war beinahe schon eine Doublette. Was genau passierte, hat Ralf Bonnekessen mit seiner Kamera dokumentiert. Es lohnt sich also, den Filmbeitrag auf PareyGo zu sehen!
Alles anders im Muffelrevier
Das Muffel-Revier ist etwas einfacher. Es besitzt einen unendlich langen Berghang, der oberhalb in ein bewaldetes Plateau mündet und unterhalb von einer Straße gesäumt wird. Diese wird beim ersten Licht abgefahren und an mehreren Stellen mit guter Übersicht nach Wild abgeglast.
Der Muffel-Bestand ist hervorragend. Kein Morgen ohne Anblick! Wir warten nur auf ausreichend Licht, bei dem wir die Widder ordentlich ansprechen können. Sobald ein passendes Stück gefunden ist, wird es angegangen. Mehr als 200 bis 300 Höhenmeter sind dabei nicht zu meistern. Und so gelingt es allen Teilnehmern früher oder später, mal mit mehr, mal mit weniger Anstrengung, einen Widder zu bekommen. So auch mir am letzten Jagdtag. Und auch das hat Ralf Bonnekessen „auf Zelluloid gebannt“.
Die fünf Teilnehmer der JAGEN-WELTWEIT-Leserreise erbeuteten einen Mähnenspringer, fünf Muffel sowie vier Gams. Der Rest wurde von anderen Jägern erlegt (Bild: Peter Diekmann)
Gerne wieder!
Für mich war es bereits die zweite und sicher nicht letzte Jagdreise nach Kroatien. Sechs Seiten reichen leider nicht aus, alles Schöne, Spannende und Aufregende sowie Interessante dieser Reise darzustellen. Ausnahmslos alle Teilnehmer der Leserreise kehrten glücklich heim. Empfehlen würden sie alle, übrigens auch die mitgereisten Frauen! Denn Kroatien ist Jagd- und Urlaubsland zugleich. Es bietet sich geradezu an, beides miteinander zu kombinieren.