07.03.2024
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13 Min

RF Praxis

Hechte aus dem Ufer-Dschungel

Max Guder hat schon den einen oder anderen Saisonstart an deutschen Talsperren gefischt und weiß genau, worauf Hechtangler an den ersten Angeltagen vom Ufer aus achten sollten. Text und Fotos: Max Guder

Hechte aus dem Ufer-Dschungel

Bild: Sebastian Endres

Die neue Hechtsaison steht an, und ich bin schon wieder heiß. Unsere heimatlichen Stauseen im Harz wurden nun einen ganzen langen Winter nicht mehr befischt, und die Hechte müssten beißen wie verrückt. Alle möglichen Vorstellungen zu einem perfekten Saisonstart schwirren mir durch den Kopf, doch die Ernüchterung lässt nicht lange auf sich warten. Ein starker Regen setzt Ende April ein und der Wasserpegel steigt daraufhin mächtig an. Sie geben mir immer wieder genügend Gründe, sie zu lie-ben, und machen es mir zeitgleich oft so schwer: Talsperren!

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Ein großer Baum, der alleine im Wasser steht. So sieht der perfekte Hotspot aus. (Bild: Max Guder)

Wasserstand beachten!

Der große Unterschied einer Talsperre zu allen anderen stehenden Gewässern ist, dass der Wasserstand über das Jahr hinweg stark schwankt. Wenn die Hechtsaison im Mai beginnt, fällt das häufig mit der Schneeschmelze oder starkem Regen im Frühjahr zusammen. Der höchste Wasserstand ist erreicht und genau jetzt fällt der Pegel wieder. Die Vegetation steht unter Wasser, und genau dorthin zieht es die Hechte im Frühjahr. Überschwemmte Wiesen, überflutetes Buschwerk und andere Hindernisse im Wasser bieten Laichmöglichkeiten für die Fische. Dieser Laichprozess beginnt schon im April, sodass die Hechtsaison im Mai auf bereits abgelaich-te Fische starten kann. Der große Vorteil des Frühjahrs liegt dann auf der Hand: Die frisch abgelaichten Fische stehen noch nicht weit von ihren Laichgründen entfernt, daher sollte man die Fische auch genau dort suchen. Fällt der Wasserstand dann im Laufe des Jahres in Richtung Sommer immer weiter, verlagern sich die Standplätze teilweise sehr stark. Die Hechte ziehen gerne ins Freiwasser oder suchen markante Stellen, die nicht vom sinkenden Wasserstand beeinflusst werden. Hat man also in einem Jahr eine sehr gute Hechtstelle ausgemacht, wird diese wahrscheinlich nur bei gleichem Wasserstand wieder gut funktionieren.

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Auf der Suche nach einem Hecht watet Sebastian die versunkenen Büsche ab. (Bild: Max Guder)


Ist der Pegel auf einer anderen Höhe, wird man dort vermutlich immer wieder leer ausgehen, da die Hotspots noch metertief unter Wasser liegen oder dort gar kein Wasser mehr ist. Dieser Umstand macht für mich das Angeln an den Talsperren besonders interessant. Mit jedem Saisonstart steht man quasi an einem neuen Gewässer, da das Wasserlevel immer unterschied- lich ist und somit verschiedene Stellen freigibt.

Auch sollte man beachten, wie stark der Wasserstand akut schwankt. Steigt der Wasserstand in einer Woche in kurzer Zeit stark an, kann man an diesen Tagen das Angeln komplett sein lassen, so jedenfalls meine Erfahrung. Fällt das Wasser stark, hat das auch einen Einfluss auf die Räu-ber, allerdings nicht zwangsläufig einen so negativen wie bei steigendem Wasser. Könnte ich mir jedoch die passenden Bedingungen aussuchen, so wäre es sicher ein über mehrere Tage konstanter Pegel mit kräftig überschwemmtem Buschwerk und überschwemmten Wiesen. Meiner Erfahrung nach treten diese Bedingungen an den meisten Talsperren bei Wasserständen zwischen 75 und 95 Prozent ein.

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Entlang der Talsperre kann die Wassertemperatur unterschiedlich ausfallen. Im Frühjahr sollte man wärmere Zonen aufsuchen. (Bild: Sebastian Endres)

Ein Auge auf die Temperatur

Neben dem Wasserstand ist für die Frühjahrsangelei ein Parameter besonders fang­entscheidend, und das ist die Temperatur. Während draußen die Vögel zwitschern und der Frühling begonnen hat, kann das Wasser noch super kalt sein, sodass keine großartigen Fischaktivitäten zu erwarten sind. Beträgt die Wassertemperatur um die acht Grad Celsius, beginnen die Hechte bei uns im Harz erst mit dem Laichgeschäft. Daher gibt es Saisonstarts, die kältebedingt sehr mau ausfallen, da die Hechte noch voll im Laichgeschäft stehen oder noch gar nicht ihre Laichplätze angesteuert haben. Schuld daran sind in den Talsperren die Einflussgebiete der höheren Lagen, aus denen sich das Wasser in den Staubecken sammelt. Dieses Wasser stammt aus der Schneeschmelze, ist erheblich kälter als das Wasser in anderen Naturseen und braucht zudem länger, um sich zu erwärmen.

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Der gute alte Busterjerk fängt immer wieder seine Hechte. Dieses Mal hat er den ersten Fisch für Max gebracht. (Bild: Sebastian Endres)


Ein weiterer Tipp, der unsere Spotwahl massiv beeinflussen kann: Kennen wir gute Stellen möglichst weit entfernt von Kaltwassereinläufen, sollten wir diese im Frühjahr als erstes ansteuern! Genau das Gegenteil ist dann im Sommer der Fall. Hier sollte man sich an das sauerstoffreiche und kältere Wasser halten, um erfolgversprechende Standplätze ausfindig zu machen.

Die richtig großen vom Ufer

Nachdem wir nun wissen, worauf wir beim Hechtangeln im Frühjahr an den Talsperren besonders achten sollen, möchte ich noch eine kleine Motivationsspritze geben: Die Chance, einen riesigen Fisch vom Ufer aus zu fangen, ist nie höher als im Frühjahr! Das liegt ganz einfach daran, dass die Stellen, wo sich die Hechte einstellen, sehr berechenbar sind, und sich die großen Fische auch ganz dicht am Ufer aufhalten. Das ist zu keinem Zeitpunkt in der Saison sonst so, weshalb ich mit meinen Kollegen besonders heiß auf den Saisonstart bin. Hat man erstmal ein paar produktive Stellen für den jeweiligen Wasserstand gefunden, kann jeder Fischkontakt den Fisch des Lebens bedeuten.

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Die Favoriten des Autors (von unten nach oben): Sakura S-Shiner, Line Thru Roach 18 Zentimeter und der Dag Shad in 16 Zentimetern. (Bild: Sebastian Endres)


Als besonders ergiebig haben sich große, im Wasser stehende Bäume erwiesen, an denen oft einzelne große Fische stehen. Nicht selten passiert es aber auch, dass man zwei bis drei mittelgroße Hechte, meist Männchen, fängt, und kurz darauf das dazugehörige Weibchen drillt. Somit kann man nicht nur einen frequenzreichen Angeltag erleben, sondern hat auch immer die Chance auf einen gewaltigen Fisch, was mich persönlich ganz besonders anspornt.

Spots richtig beangeln

Um die von mir beschriebenen Spots gut fischen zu können, ist eine Wathose unabdingbar. Oft muss man durch eine Menge Buschwerk klettern und durch hüfttiefes Wasser waten, um an die ergiebigen Stellen zu kommen. Wer hier mit weißen Sneakern aufläuft, wird sehr wahrscheinlich leer ausgehen. Auch kann man mit den Wathosen den einen oder anderen Köder aus den Ästen eines Baumes retten und schont damit mächtig den Geldbeutel. Entspanntes Angeln ist das definitiv nicht, es gleicht eher einer wilden Wanderung über Stock und Stein, dafür angelt man meist ganz für sich allein in unberührter Natur. Wer die Möglichkeit dazu hat, kann natürlich auch ein Boot oder eine Schwimmhilfe wie ein Bellyboot nutzen. Dadurch kann man die Buschkanten sehr viel eleganter von außen befischen und muss sich nicht am Ufer abrackern. Jedoch läuft man Gefahr, an sehr dicht im „Gemüse“ stehenden Hechten vorbeizuangeln, die die Uferangler sehr wahrscheinlich erreicht hätten. Dafür ist man natürlich deutlich flexibler in der Spotwahl und kann effektiver angeln, da einem lange Fußmärsche erspart bleiben. Jedoch bringen auch die besten Spots und die beste Taktik nichts, wenn die Fische nicht beißen wollen. In jedem Fall hat man einen super schönen Tag in der Natur verbracht und auch gleich ein Kardio-Training absolviert. Die Ufer der Talsperren sind nämlich meistens alles andere als leicht zu begehen, und einige Höhenmeter und Umwege müssen in Kauf genommen werden, um an den Fisch zu kommen.

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Da ist auch der erste Fisch für Sebastian. Klassisch geleiert mit der Line Thru Roach klappt es immer im Frühjahr. (Bild: Max Guder)

Das richtige Gerät

Ich selbst fische am liebsten eine etwas kürzere Baitcast-Rute. Eine Sportex Jig- Xpert Pike mit 225 Zentimetern Länge und einem Wurfgewicht bis 85 Gramm hat es mir besonders angetan. Der Vorteil gegenüber der Stationär-Kombi liegt darin, Würfe präziser in Buschlücken zu setzen und die Köder akkurater bremsen zu können. Auch nutze ich sehr gerne zu dieser Jahreszeit Jerkbaits, die sich mit einer kurzen Casting-Rute super fischen lassen. Auf dieser Rute fische ich eine 250er Savage Gear SG10 Baitcast-Rolle mit einer Multicolor Stroft Typ R mit etwa 18 Kilo Tragkraft. Die Schnur hat eine sehr hohe Abriebfestigkeit, weshalb sie besonders dafür geeignet ist, in Büschen auch mal hängen zu bleiben oder den Köder über einen Ast zu schlenzen. Daran fische ich dann ein hechtsicheres Vorfach, meistens ein Stroft FC2 in 0,90mm.

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Der Wasserstand der Talsperre ist besonders hoch. Da hilft nur die Wathose und ganz viel Wanderlust, um an die guten Stellen zu kommen. (Bild: Sebastian Endres)


In den Karabiner kommen dann alle erdenklichen flach laufenden Hechtköder. Meiner Erfahrung nach darf es gerne natürlich sein und bloß nicht zu schwer. Es wird viel auf kurze Distanz gefischt und das Aufklatschen eines 200 Gramm schweren Köders verschreckt in dem Fall doch eher die Fische. Zudem haben die Hechte nicht viel Zeit, um sich zu entscheiden, weshalb der Köder an sich bei dieser Angelei nicht die größte Rolle spielt. Meine Favoriten sind Gummis am Shallow Rig, wie der Dag Shad in 16 Zentimeter Länge, Jerks wie der Deviator oder der Buster Jerk und natürlich die kleinen Line Thru Modelle von Savage Gear. Ein Tag an der Talsperre

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Dieser starke, 114 Zentimeter lange Hecht biss inmitten der überfluteten Büsche. Ein absoluter Traumfisch! (Bild: Max Guder)


Vergangenes Frühjahr war ich einen Tag lang mit RAUBFISCH-Redakteur Sebastian Endres an einer meiner heimischen Talsperren unterwegs. Bis auf den durchgehenden Regen waren die Bedingungen nahezu perfekt. Der Pegel ließ die ersten Büsche und Bäume im Wasser verschwinden und wir mussten uns in Watkleidung durch dichtes Buschwerk an die Angelplätze kämpfen. Mich zog es ziemlich schnell in eine kleine Bucht, die schon öfter und bei ähnlichem Wasserstand Bisse gebracht hatte. Es dauerte nur zwei Würfe, bis der erste Hecht meinen Jerkbait attackierte und wir den ersten Fisch des Tages landen konnten, sozusagen auf Ansage. Es sind eben häufig immer wieder dieselben Stellen, an denen sich die Fische bei bestimmten Wasserständen einstellen. So auch bei Sebastians erstem Harzer Hecht, der unter einem ins Wasser ragenden Baum biss. Dieses Mal beim einfachen Einleiern einer Line-Thru Roach von Savage Gear. Nach etwa vier Stunden und ein paar weiteren kleinen Hechten waren wir komplett durchnässt und hatten für diesen Tag genug. Aber wenn man seine Gewässer kennt und den Bedingungen entsprechend die richtigen Plätze aufsucht, reicht manchmal auch nur recht wenig Angelzeit, um sich im Frühjahr ein paar Bisse abzuholen.

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Im Mai 2023 waren Autor Max Guder und RAUBFISCH-Redakteur Sebastian Endres einen Tag an einer Harzer Talsperre unterwegs. Bei Dauerregen und überschwemmten Ufern mussten die beiden nicht lange auf die ersten Fische warten. Hechte auf Ansage gibt‘s ab sofort im Film auf www.pareygo.de (Bild: Sebastian Endres)

Autor: Max Guder