30.06.2023
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14 Min

RF Praxis

Hänels Top 10 für Zander vom Ufer

Bootsangeln ist effektiv und bequem. Die meisten deutschen Angler sind allerdings zu Fuß unterwegs. Das heißt nicht zwangsläufig, dass sie von Land aus schlechter fangen müssen. Zumindest dann nicht, wenn sie die wichtigsten Punkte beherzigen. Text und Fotos: Sebastian Hänel

Hänels Top 10 für Zander vom Ufer

Bild: Sebastian Hänel

1. Den Fluss richtig lesen

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Und so sieht das Buhnenangeln in der Realität aus. Hier wird derGummifisch vom Kopf der Landzunge an der Strömungskante serviert. (Bild: Sebastian Hänel)

Flussangeln ist Nahkampf! Daher lautet mein erster und bester Tipp, als Revier einen größeren Strom anzusteuern. Wenn keiner in der Nähe ist, lohnt sich auch ein längerer Trip mit Übernachtungen. An unseren Strömen relativiert sich die Gewässergröße. Denn die spannendsten Strukturen liegen alle im Nahbereich. Meine besten Zander habe ich allesamt keine zehn Meter von der Rutenspitze entfernt erwischt.

Flüsse sind lang, aber fast jeder Stromkilometer wartet mit exponierten Plätzen auf. Daher sollten Sie sich vor dem Angeln gute Strukturen im Verlauf auf der Karte heraussuchen und diese gezielt ansteuern.
Ein scharfes Kehrwasser einer Einmündung, ein Fahrrinnenwechsel, der Ein- oder Ausgang einer Außenkurve mit dazugehöriger Leitbuhne oder eine scharfe Steinschüttung verheißen gute Fänge. Wer den Fluss richtig lesen kann, findet schnell zum Zielfisch.

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Die Skizze zeigt exemplarisch den Verlauf von Flussbuhnen. Viele Angler befischen nur die Löcher an der Strömungskante vom Kopf der Landzunge aus (3). Aber auch der Kessel und die Ränder können zumindest zeitweise, etwa bei Hochwasser oder im Dunkeln, ebenfalls einen Versuch lohnen. (Bild: F&F)

2. Nachtschicht einlegen

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Nachts rauben die Zander oft ganz dicht unter Land. Im Dunkeln sollten Uferangler dann unbedingt auch mal zu einem schlanken, sehr langsam eingekurbelten Schwimmwobbler greifen. (Bild: Sebastian Hänel)

Sind die Zander zum Beispiel im Sommer an einem großen See nicht mehr erreichbar, so lässt man sie einfach zu späterer Stunde zu sich kommen. Denn Zander haben die fantastische Eigenart, ab der Dämmerung, zumal in klaren Gewässern, dicht unter Land nach Kleinfischen zu jagen. Sparen Sie sich in solchen Situationen Ihre Zeit und Kräfte und fischen Sie effektiv in der Dunkelheit. Denn dann sind die Glasaugen überhaupt erst erreichbar ohne Boot. Einem nah und langsam am Ufer gekurbelten Wobbler können die Zander besonders in warmen Nächten kaum widerstehen. Aber auch in der kalten Jahreszeit lohnt ein später Versuch mit den schwimmenden Ködern.

3. Den Juni nutzen

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Bilderbuchzander, gelandet am Fluss im Juni. Dieser Monat bietet nach Sebastians Erfahrungen die allerbesten Aussichten für Uferangler, weil die Zander flach stehen und dann oft auf sehr kurze Wurfdistanz beißen. (Bild: Sebastian Hänel)

Sollte ich meine beste Zeit des Jahres, um vom Ufer aus erfolgreich auf Zander zu sein, benennen müssen, wäre das die erste Junihälfte. Nach der Schonzeit ist das Wasser warm, vielerorts trüber als sonst und die Tage lang. Die Zander fressen öfter, können nicht immer auf die Nacht warten, um erst dann Beute zu machen und stehen am Tage so flach, wie für den Rest des Jahres nicht mehr. Das bedeutet, unsere Zielfische können vom Ufer aus gut erreicht werden. Besonders an Stauseen und Talsperren, aber auch in Flüssen zählt der Juni zur produktivsten Zeit. Eine Bucht mit Einlauf oder eine in den See ragende Landzunge sorgen oft für gute Zander in Wurfweite.

4. Ausdauer zeigen

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Zanderangeln ohne Boot im großen Stillwasser stellt eine besondere Herausforderung dar. Ein gut gewähler Platz und eine gehörige Portion Ausdauer sind hier Pflicht. (Bild: Sebastian Hänel)

Eine besondere Tugend vieler erfolgreicher Uferangler ist ihre Ausdauer. Aus Ermangelung an Optionen, befische ich bestimmte Plätze viel länger und ausgiebiger, als ich es vom Boot aus tun würde. Dies hat sich als großer Vorteil erwiesen, denn Zander beißen nicht den ganzen Tag über und haben ihre kurzen, aber ausgeprägten Phasen, in denen sie überhaupt nur auf unsere Köder reagieren. Bevor ich einen Platzwechsel mache, der mitunter viel wertvolle Angelzeit kostet, versuche ich es an einem guten Platz einfach weiter und wurde oft für meine Ausdauer belohnt.

Eine meiner Grundregeln lautet: Besonders im Fluss ist ein heißer Spot nie abgefischt. Oft ist man nur zur falschen Zeit am richtigen Ort. Wer da zu früh einpackt, verpasst die später einsetzende Beißzeit.

5. Platzkenntnis zählt

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Aufgepasst, die Standplätze der Zander können sich laufend ändern, nicht nur von der Tageszeit her und dem damit verbundenen Lichteinfall. Die Skizze zeigt, wie sich sich die Räuber bei Hochwasser an den strömungsberuhigten Stellen im Fluss sammeln. (Bild: F&F)

Wer ausdauernd von Land aus seine Plätze befischt, kennt diese irgendwann in- und auswendig. Man wird sich bald den Kantenverlauf und jedes Hindernis einprägen - besonders, wenn Sie mit dem Gummifisch den Boden akribisch nach Zandern abklopfen. Wenn Sie es geschafft haben, Ihre Spots regelrecht zu fühlen, werden Sie diese auch hoch effektiv beangeln. Nämlich mit dem passenden Gewicht und dem richtigen Händchen für die richtigen Winkel und Wurfbahnen. Sie werden zudem lernen, Hänger zu vermeiden, zumindest jedoch auf ein erträgliches Minimum zu reduzieren. Besonderes Augenmerk sollte man dabei als Flussangler auf den Strömungsverlauf richten. Gerade dort, wo sich Kehrwasser bilden, zum Beispiel an Buhnen, lohnt oft ein Versuch. Wobei nicht immer nur der Buhnenkopf die Bisse bringt. Je nach Tageszeit und vor allem Wasserstand kann auch der Kessel selbst Zanderkontakte liefern.

6. Mobil bleiben

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Weniger ist mehr! Eine kleine Köderbox, gefüllt mit einigen Gummiködern des Vertrauens in verschiedenen Erfolgsfarben und dazu passenden Jighaken. Das genügt Sebastian, wenn er zu Fuß unterwegs ist. (Bild: Sebastian Hänel)

Wer weite Fußmärsche in Kauf nimmt und Strecke macht, sollte nur das mitnehmen, was er wirklich braucht. Eine Binsenweisheit zwar, aber immer noch erlebe ich viele Uferangler, die sich,y wie Packesel beladen, mühsam an Land entlang schleppen. Dabei reicht eine kleine Box mit den Ködern des Vertrauens und den dazu passenden Gewichten meist völlig aus. Eine zu große Auswahl sorgt nur für Unsicherheit, was man den Zandern als nächstes anbieten soll und lässt einen schnell den Fokus für das Wesentliche aus dem Blick verlieren. Denn nicht der Köder fängt den Zander, sonders immer der Angler! Anstatt alle zehn Würfe den Gummi oder Wobbler zu wechseln, schicken Sie einfach einen Köder Ihres Vertrauens wieder und wieder in die Fluten, bis der erste Zander beißt. Das mag stumpf klingen, bringt aber erfahrungsgemäß mehr als permanentes Experimentieren, was unterm Strich auch wertvolle Angelzeit kostet. Selbst wenn man den Platz gar nicht oder selten wechselt, gilt es, sich zu beschränken und mobil zu bleiben.

7. Bewegung erdet

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Musterskizze einer Hafeneinfahrt. Flusszander lieben Strömungskanten und Kehr- beziehunsgweise Drehströmungen. Wo genau es nun tagsüber oder nachts beißt, muss der Angler - je nach Jahreszeit, Wasserstand und Futterfischaufkommen - allerdings durch permanente Neubewertung herausfinden. (Bild: Sebastian Hänel)

Nicht zu unterschätzen ist der positive Effekt der Bewegung beim Uferangeln. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber nach einem Tagesmarsch durch die Brennnesseln der Elbtalaue fühle ich mich total geerdet. Ein befriedigender Zustand, den ich beim Bootsangeln nie erlebe, da ich mich an Bord ja kaum bewege. Zudem nimmt man seine Umwelt, nicht zuletzt die Natur, viel intensiver mit allen Sinnen wahr. Als Bootsangler, der ständig mit Navigieren beschäftigt ist und gegebenenfalls das Echolot im Blick hat, geht dieser wertvolle Aspekt mehr oder minder unter. Bleiben Sie also in Bewegung.

8. Clever verpflegen

Ich handle gern sehr pragmatisch und packe mir neben einer Flasche Wasser einfache, aber sättigende Verpflegung ein. Eine Dose Bohnen oder eine Büchse selbst angerührtes Müsli überwinden den Hunger und sind bequem im Rucksack zu transportieren. Seit letzter Saison habe ich einen „Henkelmann“ dabei, den ich mir am Abend vor der Abfahrt fülle. Denn nur ein satter Angler ist ein konzentrierter Angler und verwertet die Bisse durch einen blitzschnellen und harten Anhieb viel besser als ein hungriger.

9. Digitale karten nutzen

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Digitale Gewässerkarten leisten auch dem Uferangler äußerst wertvolle Dienste bei der Platzwahl. Diese Apps zeigen interessante Strukturen und Tiefen sehr genau an. (Bild: Sebastian Hänel)

Auch wenn ich ohne Boot unterwegs bin, gehe ich mit der Zeit und rüste technologisch auf. Moderne Gewässerkarten von Garmin, Navionics oder Lowrance sind besonders für Uferangler hilfreich. Denn die zeigen besondere Strukturen an, die man sonst nicht mit bloßem Auge von der Land- linie her ableiten kann. Eine Kantenänderung im Kanal, eine erreichbare Untiefe eines Sees oder ein ausgespülter Flussabschnitt werden dank der detaillierten Karten auf einen Blick sichtbar. Viele spannende Plätze und Strecken habe ich erst mit Hilfe dieser modernen Technik für mich ent- decken können.

10. Abseits der Bootsroute

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Großzander am See. Um solche Exemplare ohne Boot im Stillwasser zu fangen, muss man die Hotspots kennen. Dazu zählen Buchten mit Einläufen und in den See ragende Landzungen. (Bild: Sebastian Hänel)

In Deutschland sind leider nur vergleichsweise wenige Gewässer für das Bootsangeln freigegeben. Man denke nur an die vielen Ströme. Oder sie sind nicht ganz-jährig befahrbar. Hier sollten Sie sich die Gewässer und Jahreszeiten heraussuchen, die dann eben nur vom Ufer erreichbar sind. Das kann zum Beispiel ein für Bootsangler gesperrter Altarm sein, der in Winternächten zur wahren Zanderperle wird. Oder ein Seeabschnitt, den keiner auf dem Schirm hat. Leisten Sie Pionierarbeit. Fischen Sie sich durch. Entdecken Sie Plätze. Denn Uferangeln bedeutet für mich ein Abenteuer mit hohem Überraschungsfaktor. Und denken Sie unbedingt auch darüber nach, je nach Platzwahl, Ihren Einsatzradius durch das Tragen einer Wathose zu erhöhen. Das bringt oft die entscheidenden Meter Wurfweite an bestimmten Stellen, vor allem im Stillwasser.

Als Uferangler sollte man sich auch stets dessen bewusst sein, dass man sogar einige Vorteile gegenüber den Kollegen im Boot genießt. Oft benötigt man für Zanderfänge ja eine gute Portion Ausdauer, um die heiße Phase am jeweiligen Spot zu treffen. Bootsangler neigen naturgemäß zu häufigen und voreiligen Platzwechseln. Man wird schnell dazu verleitet, einfach woanders hinzufahren, wenn nicht gleich etwas beißt. Wer dagegen den weiten Weg vom Ufer aus zu einem guten Platz gemacht hat, angelt ihn erfahrungsgemäß länger aus und ist dann auch noch zur richtigen Zeit am passenden Ort. Man bedenke auch die größere Scheuchwirkung, die von einem Boot durch Motorengeräusche und Schattenwurf ausgeht. Gerade wenn die Zander flach lauern, sind Leisetreter, die zu Fuß unterwegs sind, durchaus im Vorteil.

Besonders aufgefallen ist mir beim Flussangeln vom Ufer aus auch, dass ich schar-fe Böschungen tatsächlich viel präziser und sauberer befische als vom Boot. Der Winkel, mit dem ich den Köder zum Beispiel an den Schüttungsfuß einer Buhne oder Steinpackung zu einer Hafeneinfahrt (siehe Skizze links) heranführe, ist güns- tiger. Durch die steil verlaufende Schnur läuft mein Zandergummi langsamer auf diese spannende Struktur zu und lässt sich auch deutlich näher heranführen. Vom Boot aus angeworfen, lasse ich viele Zander buchstäblich liegen. Eben weil der Köder durch den flachen Schnurwinkel zu flott den Kantenfuß überspringt. Daher nutze ich am Fluss, sofern erlaubt, zwar mein Boot gern als Wassertaxi, fische aber exponierte Plätze lieber vom Ufer her umso sauberer aus.

Autor: Sebastian Hänel