19.08.2023
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RF
Ausgabe 04/2023
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14 Min

RF Aktuelles

Der Knipser am Wasser

Er fängt nicht nur regelmäßig kapitale Raubfische, sondern schießt auch Titelfotos für Anglermagazine in Serie, wie etwa den Zander auf diesem RAUBFISCH-Cover. Henning Stühring hat von dem Fotografen Andre Mauel erfahren, was man dafür braucht und von dem Profi lernen kann, um bessere Bilder zu machen.Text und Fotos: Andre Mauel

Der Knipser am Wasser

Bild: Andre Mauel

RAUBFISCH: Du angelst und fotografierst leidenschaftlich gern Raubfische. Was machst du eigentlich lieber, anschlagen oder den Auslöser drücken?
Andre Mauel: Ohne Zweifel anschlagen. Ein knüppelharter Biss an der Spinnrute ist für mich durch nichts zu ersetzen. Wobei sich im Laufe der letzten 10 bis 15 Jahre das Fotografieren immer mehr zu meiner zweiten Leidenschaft entwickelt hat. Dennoch bleibt das Angeln die unangefochtene Nummer 1.

Wie bist du zum Fotografieren gekommen?
Ich bin wirklich durch das Angeln dazu gekommen. Vor gut 20 Jahren habe ich die ersten Bilder mit dem Selbstauslöser und einer Kompaktkamera gemacht. Dann habe ich mir vor 15 Jahren die erste Spiegelreflexkamera gekauft und angefangen, mich immer mehr mit dem Thema Fotografie auseinanderzusetzen. Nach und nach wurde das Interesse größer und die Bilder immer besser. Das ist bis heute so geblieben.

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Bei Andre Mauel ist die Kamera am Wasser immer dabei (Bild: Andre Mauel)


Was macht einen guten Fotografen aus - reines Talent oder ein Handwerk, das jeder lernen kann?
Ich würde behaupten, dass es jeder lernen kann, der will. Ohne Fleiß geht da natürlich nichts. Man muss sich schon viele Stunden damit beschäftigen und eine gewisse Leidenschaft für die Sache mitbringen. Wichtig ist, dass man in jeder Situation weiß, welche Parameter man wie an der Kamera verändern muss, um zum gewünschten Ergebnis zu kommen. Das geht nicht von heute auf morgen, sondern nur durch Lesen, Lernen und Ausprobieren. Hat man einmal verstanden, wie das ganze Zusammenspiel der einzelnen Parameter funktioniert, wird man dauerhaft gute Fotos schießen. Ich weiß ja nicht, ob man es als Talent bezeichnen kann, doch ein gewisser Blick für die Situation und das Motiv kann natürlich nicht schaden.

Muss eine gute Fotoausrüstung teuer sein; was kostet deine und welche Marken bevorzugst du?
Wie überall im Leben, hat Qualität ihren Preis. Möchte man wirklich hochwertige Fotos machen, so kommt man nicht drum herum, etwas tiefer in die Tasche zu greifen. Ich würde sagen, dass man ab 1.000 bis 1.500 Euro eine gute gebrauchte Fotoausrüstung (Vollformat) bekommt, bestehend aus Body, Objektiv, Blitz. Zum Einstieg in die Fotografie würde ich aber eine günstigere Crop-Kamera mit Ausrüstung empfehlen. Diese bekommt man sicherlich gebraucht schon um die 500 Euro. So kann man erstmal schauen, ob einem die Fotografie Spaß macht und hat nicht direkt die großen Ausgaben. Aufrüsten kann man bei Gefallen an der Sache immer noch. Meine Ausrüstung hat zirka 6.000 Euro gekostet. Seit 2011 fotografiere ich auschließlich mit Nikon. Ich hatte davor aber auch eine Canon-Kamera und diverse andere Marken. Da geht es in erster Linie aber mehr um persönliche Vorlieben als um Qualität. Ich denke, mit Nikon und Canon macht man nichts verkehrt.

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Andres komplette Fotoausrüstung, übersichtlich sortiert im wasserdichten Koffer. Zusammen hat die Ausstattung rund 6.000 Euro gekostet. (Bild: Andre Mauel)


Was hältst du von Handyfotos?
Die Handy-Fotos werden immer besser. Die neuesten Modelle schießen bei günstigen Lichtbedingungen schon sehr passable Fotos. Bei schlechten Lichtverhältnissen können sie aber mit einer guten DSLR- oder Systemkamera noch nicht mithalten. Das merkt man vor allem dann, wenn man die Bilder vergrößert, um sie zum Beispiel auszudrucken. Da kann ein Handy nicht mithalten. Desweiteren habe ich mit der Kamera viel mehr Einstellmöglichkeiten und das deutlich bessere Zubehör, nämlich Blitz, Objektive, etc.

Was macht ein gutes „Stemmerfoto“ aus?
Der Fisch sollte im Vordergrund stehen, der Fokus darauf liegen. Idealerweise auf dem Auge des Fisches. Ansonsten würde ich drauf achten, dass vom Fisch nichts abgeschnitten ist, die Flossen zum Beispiel.

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Dieser Hechtstemmer im Hochformat eignete sich perfekt für das Raubfisch-Cover und zierte die Ausgabe Nr. 6/2022. Der Schärfe-Fokus liegt auf dem Fischauge. (Bild: Andre Mauel)

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(Bild: )


Nicht wenige prominente Angler fotografieren Fische so, dass man den Hintergrund oder andere markante Punkte nicht erkennt, um den Fangplatz geheim zu halten. Wie handhabst du das?
Es gibt Situationen und Spots, da mache ich das genauso. Beim Angeln vom Ufer oder vom Boot in Landnähe ist das meist ganz einfach. Ich fotografiere dann gerne vor Hintergründen, die überall am Wasser zu finden sind und wenig Rückschlüsse auf den Spot zulassen. Zum Beispiel Schilf, Sträucher, Bäume. Vom Boot aus, auf großen Wasserflächen mit markanten Hintergründen, ist das nicht ganz so einfach. Man will ja nicht erst mehrere Minuten mit dem Fisch im Kescher ans unscheinbare Ufer fahren. Deswegen versuche ich immer, das Boot so zu drehen, dass Fänger und Fisch vor einen neutralen Hintergrund zu sehen sind. Das gelingt natürlich nicht immer. Manchmal hat man auch nicht die Zeit dazu oder der Wind dreht das Boot - und schon hat man markante Punkte auf dem Foto. Möchte man diese entfernen, so gibt es diverse Bildbearbeitungsprogramme, die mehrere Werkzeuge zum Entfernen anbieten. Ich habe hier mal als Beispiel zwei Bilder von einem schönen Hecht. Im Hintergrund sieht man mehrere Windräder, die den Spot verraten könnten. Mit wenigen Minuten Arbeit in Photoshop habe ich diese mit dem Kopierstempel nahezu unmerklich entfernt.

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Andre mit Großhecht. Wenn der Fotograf nicht möchte, dass der Fangplatz anhand markanter Strukturen im Hintergund zu bestimmen ist, wird das Bild per Photoshop korrigiert. (Bild: Andre Mauel)

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Hier wurden die Windräder entfernt. (Bild: Andre Mauel)


Wie wichtig ist die Kleidung, der Gesichtsausdruck des Anglers für die Gesamtwirkung des Fotos?
Besonders die Farbe der Kleidung ist ein wichtiger Baustein in der Bildgestaltung und kann aus einem langweiligen Foto noch ein interessantes Bild machen. Vor allem dann, wenn zwei unterschiedliche Farben in starkem Kontrast zueinanderstehen. Zum Beispiel Orange, Rot, Hellblau, Gelb vor einem dunklen Hintergrund. Tarnkleidung würde vor so einem Hintergrund untergehen. Beim Gesichtsausdruck auf dem Foto ist es wie im echten Leben: am besten geht‘s mit einen Lächeln. Natürlich sollte der Gesichtsausdruck authentisch sein. In der Regel stehen ja eher die Fische im Vordergrund. Und die zaubern einem eh ein Lächeln ins Gesicht.

Faktor Wetter - unter welchen Bedingungen fotografierst du am liebsten beziehungsweise gibt es eine Witterung, bei der du die teure Technik lieber zu Hause lässt?
Am liebsten mache ich meine Bilder bei Sonne und bei Sonnenaufgang/Sonnen- untergang. Zu Hause lasse ich die Cam nie. Ich verstaue die Kamera jedoch immer in einem wasserdichten Pelicase. Auf dem Boot habe ich ein größeres Case. Darin nehme ich nahezú die komplette Fotoaus- rüstung mit. Beim Uferangeln trage ich ein kleines Pelicase, da passen Kamera und Blitz gerade so rein.

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Gutes Licht ist einer der ntscheidenden Faktoren für ein perfektes Angelfoto. Dieses spektakuläre Drillbild vom Hechtstreamern erhält durch die tief stehende Sonne eine noch stimmungsvollere Note. (Bild: Andre Mauel)


Was sind die häufigsten Fehler, die du beim Fotografieren siehst?
Da gibt es einige. Die Fehler, die am schwersten ins Gewicht fallen, sind meiner Meinung nach: ein falsch gesetzter Fokus, Überbelichtung und ein schiefer Hintergrund.

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Dieser Großhecht von Andre wurde alles andere als perfekt in Szene gesetzt. Gleich drei Fehler sind zu erkennen: Das Foto ist überbelichtet, die Schärfe liegt auf dem Angler statt dem Fisch und der Horizont ist schief. (Bild: Andre Mauel)


Wer fotografiert deine eigenen Fänge eigentlich und bist du mit den Ergebnissen dann zufrieden?
In erster Linie natürlich meine Freunde, die mit mir angeln. Da habe ich manchmal das Glück, dass das Leute sind, die selbst sehr gut fotografieren können. Ich habe natürlich auch Freunde und Angelkumpel, die nicht so gut darin sind. Wie man sich denken kann, läuft da dann nicht immer alles glatt. Im Regelfall sind die Leute aber schon mehrmals mit mir los gewesen und wissen dann, worauf sie achten müssen. Nach dem Fang bleibt der Fisch dann kurz im großen Kescher im Wasser, und ich stelle die Kamera so ein, dass mein Angelpartner, der keine oder wenig Erfahrung mit dem Fotografieren hat, nur noch fokussieren und abdrücken muss. In 90 Prozent der Fälle sind da ein, zwei schöne Bilder bei. Des Öfteren bin ich auch alleine unerwegs und fotografiere mich dann selbst. Dazu schraube ich einen Schnellverschluss an die Unterseite der Cam, der in Sekundenschnelle an ein Stativ angebracht werden kann. Die Kamera habe ich bei Solotouren dann so programmiert, dass sie mir im Abstand von drei Sekunden 10 Bilder schießt und dabei nach jedem Auslösen automatisch neu fokussiert. Da ist eigentlich immer was Brauchbares dabei. Denn durch lange Erfahrung weiß ich, wie ich mich wo platzieren muss und habe so eine geringe Ausschußquote bei den Selbstauslöserbildern.

Hast du schon mal einen Fotoapparat gewässert? Und was kann/soll man tun, wenn einem dieses Missgeschick mal passiert?
Richtig gewässert zum Glück noch nicht. Bei meinem teueren Objektiv hat sich aber mal im Spätherbst, als wir bei bescheidenem Wetter mehrere Tage auf dem Boot geschlafen haben, Kondenswasser in der Frontlinse gebildet. Ich konnte dann zum Beispiel einen schönen Hecht nicht vernünftig fotografieren. Zu Hause habe ich das Objektiv dann abgeschraubt und zusammen mit Beuteln aus Silikatgel in einen Schuhkarton einen Tag in die Nähe der Heizung gelegt. Das Kondenswasser ist dann auch ziemlich zügig wieder verschwunden. Sollte dennoch irgendwann mal Wasser in den Body der Kamera eindringen, so muss man immer sofort den Akku und die Speicherkarte entfernen, um größeren Schaden zu vermeiden.

Nicht wenige Angler fotografieren ihre Fänge mit extremem Weitwinkel beziehungsweise halten den Fisch so weit vor, dass er besonders riesig wirkt. Wo ziehst du da die Grenze?
Bei Stemmern halte ich den Fisch auch gerne etwas vom Körper weg. Er soll ja im Mittelpunkt stehen. Man muss natürlich aufpassen, dass es nicht unnatürlich wirkt. Von daher sollte man den Fisch nicht mit komplett ausgestreckten Armen halten. Zum Weitwinkel kann ich sagen, dass ich nie mit einer Brennweite von weniger als 24 Millimetern fotografiere, weil es darunter schnell unnatürlich wirkt. Bei Brennweiten von unter 20 Millimeter an der FX-Kamera muss man schon sehr aufpassen, dass die Bilder nicht verzerren, Stichwort: Fish eye. Für mich sieht fast alles, was kleiner als 20 Millimeter Brennweite am Vollformat hat, dann meist unnatürlich und verzehrt aus. Die Proportionen stimmen einfach nicht.

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Ein und derselbe Barsch. Einmal ist der Fisch etwas vorgehalten - mit positivem Effekt. (Bild: Andre Mauel)

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Hier ein zweites Foto von dem Barsch, bei dem die Einstellung unnatürlich verzerrt wirkt. (Bild: Andre Mauel)


Thema Schnappschuss - die meisten deiner Angelfotos entstehen ja ganz bewusst. Es gibt aber auch die berühmten Schnappschüsse, die eher zufällig glücken. Wie oft passiert dir das?
Stimmt, ich würde sagen, dass 75 Prozent der Fotos ganz bewusst entstehen. Es gibt aber immer wieder Bilder, die dann spontan enstehen. Zum Beispiel beim Landen oder Releasen eines Fisches oder durch Zufall beim Herumspielen mit der Kamera.
 
Kostet das viele Fotografieren eigentlich Bisse und Fische - wie schwer ist es, die Rute gegen den Fotoapparat zu tauschen, wenn es gerade läuft?
Ein paar Bisse wird es mit Sicherheit kos-ten, weil ich mit der Kamera doch immer ein bischen experimentiere an einem Angeltag. Wenn es aber richtig läuft und die Fische beißen, dann schaffe ich es kaum, die Rute wegzulegen. Hängt aber ein richtig guter Fisch am Haken, oder es ergibt sich eine Gelegenheit für ein tolles Bild, dann wird natürlich immer die Cam rausgeholt und ein Foto geschossen.

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Hier ist die Wirkung des Weitwinkels gut zu erkennen. Einmal wurde der Wels von Andre mit 16 Millimetern fotografiert ... (Bild: Andre Mauel)

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... ein zweites Mal derselbe Waller mit 26 Millimetern fotografiert. (Bild: Andre Mauel)

Zur Person

Name: Andre Mauel
Geb.-Jahr: 1974
Beruf: gelernter Zerspannungstechniker (Dreher), aktuell Abteilungsleiter in der Dreherei eines mittelständischen Unternehmens
Lieblingsgewässer: Rheindelta
Instagram: picturefishing

Autor: Andre Mauel