Neufassung des Landesjagdgesetzes RLP
„Jägerland in Försterhand!“
Der Entwurf zur Neufassung des Landesjagdgesetzes Rheinland-Pfalz sorgt gehörig für Wellen. Geht das Papier durch, wird der Jäger zum Handlanger grüner „Waldpolitik“. Aber so weit ist es noch nicht: Der LJV hält wacker dagegen. Ebenso der DJZ-Jurist ...
Bild: Michael Migos
Schon die explizit eine Regelungsverdichtung und den Wald-Wild-Konflikt anreißende Präambel ließ erahnen, dass ich die kommenden Stunden mit einem grün-dirigistischen Weltverbesserungsmachtwerk verbringen würde. Sie lautet: Da ein Regelungsverzicht die Jagd als wirkungsvolles Instrument zur Vermeidung von Wildschäden schwächen und die Akzeptanz der Jagd in der Gesellschaft gefährden würde, wird eine umfassende Novelle des Landesjagdgesetzes als erforderlich angesehen. Verteilt auf 55 Paragraphen schuf der Landesgesetzgeber einen Entwurf, der sich wie folgt zusammenfassen lässt: Erst kommt der Wald, dann kommt der Wald, dann kommt lange nichts, dann kommt der
Sündenbock Jäger
Dem Wild kann man allerdings den Schwarzen Peter eigenen Handlungsversagens kaum zuschieben. Also wird dem Dienstherren flugs ein passender Sündenbock präsentiert. Die unfähige private Jägerschaft ist es, die den aufopferungsvollen Bemühungen der Landesforstanstalt im Wege steht. Der Grünen Umweltministerin Katrin Eder wird man sicher vieles nachsagen können. Besonderen waldbaulichen, wildbiologischen oder gar jagdlichen Sachverstand aber sicherlich nicht. Den bisherigen „Zenit ihres Schaffens“ erreichte sie als Umweltdezernentin in Mainz. Dort durfte sie „bahnbrechende Erfolge“ wie die Eröffnung des ersten Fahrradparkhauses feiern, bevor sie als Staatsekretärin in das seinerzeit noch von Frau Spiegel („Ahrtal-Anne“) geführte Ministerium wechselte. Nach deren unrühmlichem Abgang „stolperte“ Eder wohl eher unfreiwillig in die Fußstapfen der Hochwasserversagerin. Kaum verwunderlich also, dass der vorliegende Entwurf – abgesehen von der Diktion im gegenderten „Grünen-Neusprech“ – nicht die Handschrift eines kundigen und staatstragenden um die Interessen aller Beteiligten bemühten Fachministeriums trägt. Mangels ministerialer Sachkunde durfte stattdessen der Chef der Landesforstanstalt seinen Entwurf auf die Menschheit loslassen, der so wirkt, als hätte ein verwöhntes Gör seinen Wunschzettel dem Weihnachmann zugesteckt.
Gedränge im Revier
Fein also für diejenigen, die von Oma in den Rheinland-Pfälzischen Erbteilungsgebieten ein paar Dutzend handtuchgroße über das gesamte Revier verteilte Flurstückchen geerbt haben. Wenn´s rund läuft, ziehen an einem lauen Sommerabend Dutzende aufgezwungener Jagderlaubnisscheininhaber kreuz und quer durch das Revier, um zu gucken, ob sich nicht gerade irgendwo etwas Jagdbares auf den eigenen Flächen findet. Wer nur auf ein paar Hektar weidwerken kann, auf die sich nur unregelmäßig Wild verirrt, wird sich mit Altersklassenaufbau und Hegezielen dann kaum abgeben wollen. Gemäß: „Tritt das Rehlein aus dem Wald, wird es einfach abgeknallt!“
Blöd auch, wenn die Flurstücksgrenzen auf zusammenliegenden Bewirtschaftungseinheiten nicht erkennbar sind. Da ist dann Augenmaß gefragt: So weit, dass die aufgezwungenen Jagderlaubnisscheininhaber die vom Pächter errichteten jagdlichen Einrichtungen mitnutzen dürfen, will der Gesetzgeber offenbar doch nicht gehen. So stärkt die Neuregelung das Dorfgemeinschaftsgefühl, und man trifft regelmäßig seine Nachbarn. Und zwar im Wortsinne. Denn Kugelfang ist sowieso ein überschätztes Phänomen, und geschossen wird nur ebenerdig. Allerdings dürften die Jagderlaubnisscheininhaber wohl auch eigene Ansitzeinrichtungen aufstellen. Wie wollte man es ihnen auch verbieten – ist das Land doch deren Eigentum. An manch’ einer Rheinland-Pfälzischen Flurkante würden sich also bald Eigentümer- und Pächterhochsitz zärtlich aneinanderschmiegen.
Zerklüftete Reviere
Der Pachtpreis eines Revieres errechnet sich aus der Quersumme des Jagdwertes aller enthaltener Flächen. In die Pachtpreisverhandlungen fließen jagdlich uninteressante Flächen in Ortsrandlage und der wildschadensträchtige Kartoffelacker ebenso ein, wie etwa das Waldstück mit Saueneinständen. Anstatt nur anteilig die fürs gesamte Revier vereinbarte magerere Pacht zu erhalten, drängt es sich geradezu auf, den einen oder anderen Nachbarn mit ins Boot zu holen und die eigenen exklusiven „Sahnestücke“ an den Meistbietenden zu verpachten. Praktisch, wenn man sich dafür seine eigenen Gesetze schreiben kann. Die ideengebende Landesforstanstalt wird die erste sein, die einen Tag nach Inkrafttreten des Gesetzes von Tür zu Tür läuft, um Mitstreiter für die Heraus- lösung ihrer bislang gezwungenermaßen im Rahmen der Jagdgenossenschaft mitverpachteten Flächen zu finden. Übrig bleiben dann von diversen privatrecht- lichen Jagdbezirken zerschnittene und zerklüftete Restreviere.
Doch welcher Jäger pachtet schon ein Revier, in dem er solange weitgehend tatenlos dem Rotwild beim Zu-Schaden-Gehen in der Feldmark zugucken darf, bis es pünktlich zur Brunft in dem von der zahlungskräftigen Jagdgesellschaft angepachteten neugeschaffenen Mini-Brunftrevier verschwindet? Die verbleibenden Jagdgenossen des „abgenagten Gerippes“ werden kaum einen Pächter finden, der bereit ist, die Pacht unter Fortführung des Wildschadensersatzes weiterzuführen. Die Land- und Forstwirte, die nicht gebeten wurden, einem der exklusiven „Abschuss-Clubs“ beizutreten, werden auf dem Wildschaden sitzenbleiben. Und: Findet sich kein pachtbereiter Jäger, oder wird die Pacht ohne die zur intensiven Bejagung motivierende Verpflichtung zum Wildschadensersatz vergeben, bleiben die „Restreviere“ praktisch schutzlos – bei Wildschäden.
Jagd-„Blockwart“?
Damit das freche Jägerpack gefälligst auch erkennt, wer hier den Kuchen und wer die Krümel isst, wird gleich eine Sanktionsregelung geschaffen, die es an Deutlichkeit nicht mangeln lässt. Anordnungen … sind mit einer Vollzugsfrist von nicht mehr als zwölf Monaten zu versehen, deren Durchsetzung mittels Verwaltungszwang anzudrohen ist. Von Zwangsmitteln ist Gebrauch zu machen. Rechtsmittel, die sich gegen die Anordnung richten, haben keine aufschiebende Wirkung. Zusammengefasst: „Knallst Du keine Rehe ab, dann knallt´s bei Dir, Du Wicht!“ Passend dazu wird dem Verpächter ein Sonderkündigungsrecht beim Verpassen waldbaulicher Ziele eingeräumt. Wer nicht artig Wild umpustet, der fliegt halt raus und darf zur Krönung des Ganzen Schadenersatz leisten, wenn anschließend kein Pächter gefunden wird, der sich bei gleich hohem Pachtzins zum Büttel der Forstpartie machen lassen will.
Herrlich, oder? Doch das sind nur Beispiele. Ich könnte die ganze Ausgabe des Heftes nutzen und wäre mit Pöbeln immer noch nicht am Ende. Das Gesetz wirkt, als wäre irgendein Forstmann eines schönen Abends aus der Kneipe getorkelt und dann hocherfreut über den Abfallkübel des gescheiterten Entwurfe zur Neufassung des Brandenburger Jagdgesetzes gestolpert: „Das ist doch noch gut! Das kann man doch noch gebrauchen...“
Autor: Dr. Heiko Granzin